Mittwoch, 15. September 2010

Vollopfer des eigenen Seins an das göttliche Leben - Sieben Schmerzen



"... Nicht mehr das blutige Todesopfer, sondern das Sterben des inneren Menschen wurde nun das Wesen des Opfers. Den klaren Ausdruck dieser Erkenntnis bildet Psalm 50: Der sündige König erkennt seine Schuld und ist bereit, Opfer dafür darzubringen: 
'Wenn du ein Opfer wolltest, ich würde es dir darbringen. An Brandopfern hast du kein Gefallen. Ein Opfer für Gott ist ein zerknirschtes Pneuma. Ein gedemütigtes und reines Herz wirst du nicht verschmähen' (Vers 18f.)
Hier stirbt der innerste, der eigentliche Mensch. Es ist kein leibliches, aber ein geistiges Opfer, ein pneumatisches Opfer. Und wenn es schon schwer ist, sein leibliches Leben zu opfern, so ist es doch viel schwerer, sein innerstes Wesen freiwillig aufzugeben, den mystischen Tod zu sterben, und doch kann das göttliche Leben sich an uns nicht verwirklichen, wenn nicht zuerst unser Eigensinn vernichtet ist. Jener äußere Tod hat also nur noch Sinn - auf dieser höheren Stufe -, wenn er Symbol des mystischen Todes ist. Dieser mystische Tod kann auch allein stehen (...). 


Vertreter des pneumatischen Opfers allein sind die Jungfrau-Mutter Maria, Johannes Evangelista, so viele Bekenner und Jungfrauen.


Es ist auffällig, daß die jungfräuliche Martyrin zunächst als Jungfrau verehrt wird. Es ist dies wohl ein Zeichen dafür, daß die Jungfräulichkeit ein so großes pneumatisches Opfer ist, daß selbst das Martyrium hier nicht so wichtig ist. In der Tat ist die echt verstandene Jungfräulichkeit ein pneumatisches Opfer. Denn der jungfräuliche Mensch, der nicht aus Scheu vor irdischen Opfern, nicht aus Mangel an Hingabe und Liebe die Ehe flieht, sondern gerade weil er ganz Opfer sein will - ganz von dem irdischen Leben getrennt und ganz dem göttlichen Leben geweiht -, ist ein pneumatisches Opfer, er ist schon der Welt getötet: 'Mit Christus bin ich ans Kreuz geschlagen' (Gal 2, 19). Seine irdische Existenz ist schon tot; er ist schon Sohn oder Tochter der Auferstehung (...).


Maria ist virgo virginum, ihre Mutterschaft hat ihre Jungfräulichkeit nicht gemindert, sondern geweiht. Wahre Jungfräulichkeit ist ja nicht Unberührtheit, Leerheit, Freiheit, sondern pneumatische Hingabe an das Göttliche, Vollopfer des eigenen Seins an das göttliche Leben" (Odo Casel OSB).

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