Freitag, 18. September 2009

Die Heiligen und die Gemeine

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Zollitsch City hat zwei Stadtpatrone: Einmal den heiligen Georg, dessen Bild groß und breit an der Außenseite des Schwabentors prangt. Und dann den heiligen Lambert von Lüttich, ein Bischof und Martyrer. Um das Jahr 705 herum wurde er ermordet, alldieweil er die Kirche gegen weltliche Einflußnahme verteidigte. Nachdem ein Sproß der Zähringer, die Zollitsch City einst gründeten, im 12. Jahrhundert Bischof von Lüttich geworden war, verehrte dieser seiner Heimat ein Kopfreliquiar: Lambert wurde Stadtpatron und der 17. September zum Hochfest innerhalb der Stadtmauern. Entsprechend gab's heute in der Frühmesse Gloria und Credo.

Solch hohe Feier von Stadtpatronen wirkt heute irgendwie anachronistisch, weil wir unsere Umwelt meist eher konsequent säkular begreifen. Derzeit wälzen zum Beispiel viele Menschen im Land Gründe und Argumente hin und her, welche Partei man in zehn Tagen wählen soll. Für die Blogozöse spielt dabei, immerhin, auch die Frage nach der christlichen Verortung der einzelnen Politikangebote offenkundig eine Rolle. Aber Hand auf's Herz: Wie viele haben in letzter Zeit für dieses Land, für Deutschland, gebetet? Ich meinesteils muß einräumen: Der Gedanke ist mir schon lange nicht mehr in den Sinn gekommen. Vielleicht ist das auch jenem nicht von ungefähr gestörten Patriotismus geschuldet, der uns zwar in einer Nation leben läßt, aber nicht mit ihr. Andererseits: Zur Heimatstadt oder zum Wohnort, an dem man sich (hoffentlich) heimisch fühlt, ist das Verhältnis meist entkrampfter, oft sogar von einer Portion Lokalpatriotismus geprägt. Aber beten wir deswegen etwa für unsere Städte? Obschon sie meistens der Rahmen sind, in dem uns alle Probleme, alle Schieflagen, alles Leid und Elend, das uns direkt umgibt, unmittelbar vor Augen tritt, weil "die Stadt" eben keine Statistik ist, sondern Lebensraum, in dem wir uns täglich bewegen?

Die Stadt ist aber mehr als ein rein säkularer Raum, die anonyme Behausung der Menschenkinder oder die Kloake der Gestrandeten. In der Heiligen Schrift und im Beten der Kirche begegnet uns von Zeit zu Zeit "die Stadt" - als "Stadt auf dem Berge", als "himmlisches Jerusalem" oder als "Stadt Gottes" usw. Insofern ist die irdische Stadt - deren Grundkonzeption sich seit biblischen Zeiten erstaunlich wenig gewandelt hat - immer auch Verweis auf Kommendes: als Sammlungsort der Erlösten, als Auftrag in der Gegenwart und als große Vision des Zukünftigen. Mir kommt dabei eine kurze Bitte aus dem Römischen Kanon in den Sinn: Diesque nostros in tua pace disponas ... "Ordne unsere Tage in Deinem Frieden", eine Bitte, die mit dem Satz schließt ... et in electorum tuorum jubeas grege numerari - "und zähle uns zu der Schar Deiner Auserwählten". Was nichts anderes heißt als: Öffne uns Deine Stadt, Dein himmlisches Jerusalem.

Heiliger Lambert,
der du den Glauben mit deinem Blut besiegelt hast,
seit Jahrhunderten ehren Dich Menschen
hier in Freiburg.
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Tritt ein für diese Stadt.
Tritt ein für die Menschen, die hier leben und wohnen,
für die Starken und die Schwachen,
seien sie gläubig oder Gott entfremdet.
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Laß durch dein Vorbild und Zeugnis
unseren eigenen Mut wachsen,
das Beste für diese Stadt zu suchen,
indem wir selbst glaubhaft Zeugnis geben
von der Botschaft des Evangeliums,
um die Herzen der Menschen
für das Reich Gottes zu gewinnen.
-
Erbitte von Gott die Kraft,
damit wir uns dieser Herausforderung
in Worten und Taten,
in Liebe und Geduld
und mit Freude
jeden Tag neu stellen können.
-
Erbitte uns jenen wachen Geist,
der in dieser Stadt, im Hier und Jetzt,
das kommende Gottesreich sieht,
jenes himmlische Jerusalem,
in dem Gott alle Menschen
in seiner Liebe versammeln möchte.
-
Amen.
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