Im Schlußgebet der Messe zum heutigen Festtag der Geburt Mariens heißt es unter anderem:
"Hoffnung für die ganze Welt" ... Ich kratz' jetzt mal eine recht heftige Kurve zu einem anderen Gebet, das mir in den vergangenen Tagen öfter durch den Kopf gegangen ist. Die meisten dürften es vom Rosenkranz her kennen:
Maria - die Hoffnung für die ganze Welt - hat dieses Gebet in Fatima den Betern ans Herz gelegt. Es klingt fast wie eine Reihe von Stoßgebeten und hat einen sehr drängenden Gestus, der durch die prägnante Kürze noch unterstrichen wird. Ich glaube ... besser müßte man wohl sagen: ich fürchte, es ist ein Gebet, daß vor allem die große religiöse Entfremdung der Menschen im 20. Jahrhundert und der Gegenwart in den Blick der Betenden rückt.
In den ersten beiden Zeilen scheinen die Beter unter sich zu bleiben: "verzeih' uns" ... "bewahre uns" ... doch die Worte stehen darüber hinaus sicher auch stellvertretend für die ganze Menschheit, alldieweil sich das Gebet zu einer inständigen Fürbitte für die ganze Welt weitet: "Führe alle Seelen in den Himmel". Nebenbei: Beim gemeinschaftlichen Gebet liegt die Betonung meist, dem Sprechrhythmus folgend, auf "Seelen". Doch der drängende Gestus der Worte legt nahe, daß die Betonung auf "alle" liegen sollte: "Führe alle Seelen in den Himmel". Für diese Variante spricht auch, daß das Kollektiv ausdifferenziert wird: "vor allem jene, die Deiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen".
Und damit sind wir mitten in unserer Zeit: Wieviele Menschen können wir nur der Barmherzigkeit Gottes anvertrauen? Bis hinein in die eigene Familie, bis hinein in den Freudeskreis? Menschen, in deren Leben Gott keinen Platz hat - und die doch zu gut scheinen für die ewige Trennung von Gott. Ich denke, jeder kennt diese Art von "anständigem Kerl" und "guter Freundin", der oder die aber nach allen Regeln des Glaubens und der Kirche eher in der Hölle als im Himmel landen müßte: Weil er oder sie das Leben zum Beispiel fortgesetzt im Zustand diverser schwerer Sünden über die Runden bringt und auf alle Religion pfeift. Schreitet man sodann aus dem persönlichen Kreis heraus, dann ließe auch ein Blick auf die säkulare Gesellschaft Schlimmes ahnen - liest man quer dazu auch nur die Minimalregeln für ein christliches Leben, das sich eben nicht allein in säkularem Gutmenschentum verwirklicht.
Das alles soll jetzt nicht heißen, daß wir uns irgendwie besser, sicherer, frömmer, heiliger als unsere Zeitgenossen sehen dürfen: Es mag seinen Grund haben, warum im Fatimagebet - Stellvertretung hin oder her - zuerst expressis verbis von "uns" die Rede ist, denen verziehen und denen die Verdammnis erspart werden solle, ehe sich das Gebet auf die Welt weitet.
Doch vielleicht ist dieses Gebet, das wir nicht selten nach den Rosenkranzgesätzen eher herleiern als ernst nehmen und von dem ein Priester mir gegenüber einmal meinte, er wolle diesen "Rattenschwanz" im Rosenkranz nicht (eine Bekundung, die auch wieder irgendwie zu unserer Zeit paßt), also vielleicht ist dieses Gebet auch jener Anker, den Maria, die "Hoffnung für die ganze Welt", uns in diesen Tagen und für diese Tage zuwirft, damit erfüllt werde, um was wir beten sollen:
1 Kommentar:
Ganz ehrlich: Diese Gedanken kommen mir auch häufig. Man sollte es schon der Gnade Gottes überlassen, wie er über wen richten wird.
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