Heute, am sechsten Sonntag nach Pfingsten, rückte ich wieder nach Basel aus. Dort schlage ich hin und wieder bei einer Messe in der außerordentlichen Form des römischen Ritus die Orgel. Sie wird, samt Placet vom Bischof, sonntags um 17 Uhr in der Kirche St. Joseph von Priestern des Instituts Christus König und Hoherpriester gefeiert; eine halbe Stunde vorher gibt es zudem Aussetzung samt Segen. Die Orgel ist, da es sich bei St. Joseph um eine recht raumgreifende Kirche handelt, ein großzügig bemessenes Instrument - eine Grande Dame der Spätromantik, erbaut 1904 von der Orgelbaufirma Kuhn in Männedorf. Sie hat mit nur wenigen Veränderungen die Zeitläufe überstanden, das röhrenpneumatische System inbegriffen, welches bei Tastendruck des Organisten die Pfeifen zum Klingen bringt. Leider ist diese Technik bei ungünstiger Witterung manchmal etwas störanfällig. Heute war Madame besonders wetterfühlig: einzelne Töne flöteten, schnurrten, knarzten und sangen auch dann weiter, wann sie eigentlich wieder hätten verstummen sollen. Aber so einem schönen Instrument sieht man gelegentliche Schrullen gerne nach, auch wenn diese den Organisten ein wenig ins Schwitzen bringen.
Auf dem Heimweg entdeckte ich das obige Werbeplakat. Was auf den ersten Blick wie eine Kampagne zur Rückbesinnung auf die Mundkommunion daherkommt (zumindest für einen kurz zuvor der "alten" Messe entlaufenen Katholiken), das entpuppte sich bei genauerem Hingucken als banale Ökokeks-Propaganda.
Den verantwortlichen Werbefuzzis würde ich keineswegs tiefere theologische Absichten zusprechen wollen. Eigentlich haben sie nicht mal ihren ureigenen Job richtig gut gemacht, denn Bild und Botschaft brechen auseinander: Wer keksmäßig zur "Sünde" verführen will, der sollte entweder das passende Personal anheuern oder auf das entsprechende Ambiente setzen, aber nicht den Unterarm vom Christkindl samt lightshow ins Bild rücken. Brüche zwischen Zeichen und Inhalt können sich meinetwegen die süßen Weihnachtstierchen aus Southpark leisten. Was dort herrlich dämlich ist, ist hier allerdings peinlich unbedacht zusammen- und an die Wand gekleistert.
Dennoch hat das Plakat seinen Wert. Es legt Auge, Geist und Gemüt nämlich nahe, daß sich der Genuß von so etwas ungemein Wertvollem wie einem wundersamen Ökokeks von anderen Crackern fundamental unterscheidet. Deswegen ist neben dem Kerl auf dem Plakat auch nicht irgendeine banale Schale mit Ökokeksen zwecks pfotiger Selbstbedienung zu sehen - nein, diesen Keks bekommt man geschenkt und gespendet, direkt in den Mund von himmlischer Hand: So kostbar die Speise, so himmlisch die Vorfreude, so außergewöhnlich der Genuß, so heilsam ("gesund") der Verzehr ... non mittendus canibus. An so etwas vergreift man sich nicht einfach und putzt es achtlos runter.
Vielleicht sollten sich unsere Bischöfe mal Gedanken darüber machen, warum Werbefuzzis einen drögen Cracker mit Hilfe eines solchen Bildes quasi als heil'ge Leib- und Seelenspeise inszenieren und den Keksnutz damit ins vermeintlich Unermeßliche steigern. Derweil die heilige Kommunion in unseren Kirchen oft wie ein Muster ohne Wert unters Volk gebracht wird.
"Kostet und seht, wie gut der Herr". Die Einladung, zu oft von Zelebranten vor der Spendung der heiligen Kommunion dahergeleiert, ist keineswegs als slogan für eine Warenprobe auf dem Mist eines Werbetexters gewachsen, sondern ist - durch den Psalmisten überantwortetes - Wort Gottes. Es ist eine (Auf-) Forderung, die mehr beinhaltet, als nur zum Altar zu traben und sich ein Stück Brot abzuholen. Denn unter der Gestalt des Brotes empfangen wir Christi Leib, den Herrn selbst.
1 Kommentar:
Wieder ein Beweis dafür, daß sich die säkularen Szenemacher immer öfter der traditionellen Religionssprache bedienen, während ausgerechnet diese in der Religion selbst schwindet. Irgendwann haben wir dann die totale Zivilreligion.
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