Montag, 14. September 2009

Ich-Sucht auf "Liturgisch"

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Theresia Benedicta hat auf ihrem Blog Pange lingua einen Hymnus zur Komplet aufgetan, der mir nicht nur fremd ist, sondern mich auch etwas befremdet (wobei ich jetzt hoffe, daß mir Theresia solch offenes Wort nicht nachträgt).

Als Quelle wird das Stundenbuch genannt, und da dreht sich mir schon der Magen um. Nun habe ich vom nachkonziliaren Stundengebet wenig Ahnung, von den wenigen Horen einmal abgesehen, bei denen mich ein Geistlicher zur Nutzung der Liturgia Horarum ... sagen wir mal: nötigt (und derentwegen ich mir das nötige "Arbeitsmaterial" derzeit antiquarisch ranzuschaffen versuche, zwei Bände habe ich zwischenzeitlich).

Ich gehe aber davon aus, daß der besagte Hymnus als Sondergut des deutschen Stundenbuchs im Gebet der Kirche gestrandet ist. Da hat er meiner Ansicht aber nichts zu suchen. Warum?

"Christus, du bist meine Hoffnung ...
dir neigt sich mein Geist ...
an dir halt ich fest"
etc. etc. etc.

Das ist schön gesagt und sicher jeder geistlichen Erwägung wert, aber so betet die Kirche nicht: In ihrem Gebet spricht sich kein "Ich" aus, sondern ein "Wir" - und damit meine ich nicht ein banales Kirchenvolks-Selbstverständnis mit Ringelpiez um den Altar, sondern die Gemeinschaft der triumphierenden, der streitenden und der leidenden Kirche, übergreifend die Zeiten, Räume und Dimensionen.

Das Gebet der Kirche, das unserer eigenes Beten in diesen gewaltigen Zusammenhang stellt und besonders heiligt, übersteigt die Anmutungen jeder persönlichen Frömmigkeit, beläßt diesen Anmutungen aber selbstverständlich dennoch einen Raum im Rahmen der taktvollen Texte ihrer Liturgie. "Rhetorisch" meidet sie dabei allerdings allzu deutliche Züge ins Individualistische.

Zuletzt stört mich an diesem Text, der wahrscheinlich ziemlich neueren Datums sein dürfte, die Wendung " ... dich liebt, wer nur Kraft hat zu lieben: unbewußt, wer dich nicht kennt ...". Natürlich kann man alles überinterpretieren, aber mir müffelt das schon wieder zu sehr nach dem "anonymen Christentum" vom Grötaz.
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5 Kommentare:

Theresia Benedicta hat gesagt…

Ich habe darauf gehofft, dass dieser Hymnus etwas diskutiert wird! (Sprich, ich trage es Dir nicht nach!!)

Die Frage, die ich mir gestellt habe, ist nämlich genau die: Kann ich lieben, was ich nicht kenne? Und- kann ich denn überhaupt unbewusst lieben??

Stanislaus hat gesagt…

Das mit dem "Ich" ist für die Liturgie genau das, was ich immer sage (darum wurde das später in die Messe eingefügte Credo auch mit "Credimus" begonnen). Schaut Euch dochmal den Text der Schubert-Messe (also "Wohin soll ich mich wenden" und Co.) an!

Die gehört nicht in ein Gesagbuch!

Theresia Benedicta hat gesagt…

Aber da klingt das Sanctus soooo schön...

PS: Hab letztens mal versucht, das als Schlaflied für ein kleines Kind zu benutzen, hat tadellos geklappt! Kann ich nur weiterempfehlen.

Laurentius Rhenanius hat gesagt…

Kann mich dem nur anschließen!
Volle Zustimmung!

Johannes hat gesagt…

Das vorkonziliare Breviarium gibt es inzwischen in einer wunderschönen Neuauflage bei nova et vetera. Mein Lieblingsbuch. Mein zweitliebstes Buch ist das Officium parvum beatae Mariae virginis. Gibt es leider nur in mittelmäßigen Ausgaben.