Samstag, 20. Februar 2010

Grüße aus der Vergangenheit


 

Also so richtig geht die Fastenzeit eigentlich erst jetzt für mich los, liturgisch jedenfalls, denn die Tage zwischen Aschermittwoch und der ersten Vesper zum ersten Fastensonntag hängen im außerordentlichen römischen Ritus irgendwie "zwischen den Seilen", scheinen noch nicht so recht zur Fastenzeit zu zählen. Das Missale Romanum beispielswegen kennt den Aschermittwoch (Feria quarta cinerum) und unmittelbar folgend den fünften und sechsten Tag samt dem Samstag nach Aschermittwoch (post cineres), derweil erst ab heute Abend die Sonn- und Werktage als der Fastenzeit zugehörig (in Quadragesima) gezählt werden. 

Ähnlich, fast noch eine Spur deutlicher, sieht es im Breviarium Romanum aus: Ehe am Aschermittwoch das Auge auf den ersten Eigentext des Tages fällt, warnen die Rubriken vor voreiligen Schlüssen: Bis zur Non des folgenden Samstags (inbegriffen) sei das Gotteslob wie an den vorangegangenen Tagen nach Septuagesima darzubringen, ausgenommen jene Teile, die als Eigentexte (Lesungen, Benediktus- und Magnifikat-Leitvers und Tagesgebete) besonders vermerkt seien. Wer sich (wie ich) auf den wunderschönen Versperhymnus Audi benigne Conditor freut, der mußte sich also noch etwas gedulden. Auch wird in der Komplet erst ab heute der Hymnus Te lucis mit der für die Fastenzeit vorgesehenen Melodie gesungen.

Und warum diese "Zwischenlösung"? Soweit ich weiß, begann die Quadragesima in der lateinischen Kirche weiland erst am ersten Fastensonntag, von welchem ab auch vierzig Tage bis Gründonnerstag gezählt werden können. Irgendwann nahm man die Sonntage aus der strengen Fastpflicht heraus, wollte aber die Zahl der 40 Tage nicht mindern. Also wurde das Fasten schlicht vorverlegt, die Fastenzeit sozusagen "vorverlängert". Nachholen konnte man die Fasttage ja schlecht, schließlich sitzt der ganzen Fasterei der Ostertermin im Nacken. 

Einer Liturgie, die im Laufe der Jahrhunderte gewachsen und nicht einfach mit langweiligem Ebenmaß im Bugnini-Séparée zusammengebastelt wurde, sind solche Entwicklungen bis in die Gegenwart ins Gedächtnis eingeschrieben. So schlägt sie eine Brücke in eine quasi verloren geglaubte Vergangenheit, überschreitet und verbindet zugleich in ihrem Beten die Jahrhunderte. Auch das gehört zu ihren Reizen ...

1 Kommentar:

Altenbochumer hat gesagt…

Die von Dir beschriebene Besonderheit im Kalender findet sich rudimentär aber auch im deutschen Messbuch - jedenfalls in meinem "kleinen Grünen" am Hausaltar. Das Messformular für den ersten Sonntag der Fastenzeit beginnt mit einer neuen Buchseite, die links daneben liegende Seite ist leer. Zusammen mit dem Tagesgebet der Messe ist das schon noch ein Hinweis auf einen "nochmaligen" Beginn der Fastenzeit. Aber wer weiß das heute schon...