Sonntag, 16. August 2009

Wallfahrt im Doppelpack

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Es gibt Tage, da möchte man das "Katholisch-sein" gegen nichts in der Welt eintauschen. Da mag Mister Universe (im Mittelalter auch als "Fürst der Welt" gepostet) noch so mit seinen Angeboten wedeln und dem - mal mehr, mal weniger - gefährdeten Christenmenschen seine faulen Paradiesäpfel unter die Nase halten, irgendwie bringt einem nichts von einem guten Weg runter. So ein Tag, denke ich mal, hatte ich gestern in St. Märgen, einem Marien-Wallfahrtsort im Schwarzwald, dessen Kirche zu Mariä Himmelfahrt Patrozinium feiert.

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Das Wetter, die Landschaft, der gelb-weiß beflaggte Ort, die schöne Kirche - da paßte einfach alles zueinander ...

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Von der barocken Pracht sollte man sich nicht total nasführen lassen. Das meiste davon ist erst nach einem verherrenden Kirchenbrand 1907 (wieder-) geschaffen worden. Das war übrigens bereits das vierte Mal, daß die Kirche in Schutt und Asche sank, seit um 1115 der spätere Straßburger Bischof Bruno von Hohenberg die Cella Sanctae Mariae gründete, die in den folgenden Jahrhunderten von Augustiner-Chorherren verwaltet wurde.

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Die angesichts barocker Kulisse anzuratende Vorsicht gilt auch für das Gnadenbild: Unter der prachtvoll anmutenden Mäntelei verbirgt sich eine kleine, romanische und auf einem Thron sitzende Madonna, welche die Chorherren wahrscheinlich bereits beim Einzug in die neue Cella aus dem lothringischen St. Leo mitgebracht haben. Ihren Platz fand die gerade durch ihre schlichten Herbheit anrührende Figur in einer Seitenkapelle. Das Bild überlebte alle vier Kirchenbrände - auch, weil es, wie zum Beispiel 1907, zusammen mit einigen weiteren Ausstattungsstücken, unter dramatischen Umständen noch aus der Kirche geborgen werden konnte, als deren Dachstuhl nach einem Blitzschlag bereits in Flammen stand.

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Auch das Hauptbild des Herz-Jesu-Altars entging den Flammen, da es just zur Restauration ausgelagert war. Die zu Lösch- und Hilfsdiensten herbeigelaufenen St. Märgener Bauern rissen zudem Holzschnitzereien und Heiligenstatuen des Schwarzwälder Barockbildhauers Matthias Faller von den Altären herunter, um sie zu retten. Vollständig vernichtet wurde hingegen die kleine Klosterbibliothek, wobei ein Archivar des Erzbistums, der erst wenige Jahre zuvor den Bestand katalogisiert hatte, zwar nur bedingt den Verlust von ("minderwertigen" und "absonderlichen") Büchern wie "rugitus leonis, d.i. geistliches Löwengebrüll, erschröckliche Predigten zum Aufschrecken der Sünder, oder ähnlich" bedauerte, dafür aber umso mehr den Abgang vieler Drucke aus der frühen Neuzeit.

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Der Wiederaufbau ging stracks voran, Gerettetes fand dabei erneute Verwendung, anderes wurde neu und insgesamt stilgerecht geschaffen oder anderweitig organisiert, wie etwa die Reliquien des hl. Constantius ...

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Eine Oase der Ruhe: Der Klosterhof von St. Märgen. Für die Seelsorge zeichnet heute ein kleine Pauliner-Kommunität verantwortlich - und somit Brüder jenes Ordens, die auch das Heiligtum der Schwarzen Madonna von Tschenstochau verwalten. Das dortige Wallfahrtsfest wird daher auch in St. Märgen begangen.
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Die nächsten beiden Bilder sind wahrscheinlich typisch, wenn Stadtmenschen auf Photo-Safari gehen ... echte Kühe, nicht lila angepinselt oder zeichentrick-animiert mit Sonnenbrille wie in der Glotze! Im Hintergrund ist übrigens die sogenannte "Ohmen-Kapelle" zu sehen. St. Märgen bietet Wallfahrten sozusagen im Doppelpack: Nebst der Marienwallfahrt mischt auch der hl. Judas Thadäus mit, der in dem kleinen Gotteshaus besonders kräftig verehrt wird.

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23 Cent bekommt der Schwarzwald-Bauer (zu lesen auf Protestschildern an allen möglichen Ecken) übrigens aktuell für einen Liter Milch. Kein Wunder, daß selbst die Kühe ihr Maul nicht mehr halten mögen ...
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Und jetzt irgendwie was "Impressionistisches", vom Wegesrand halt ...

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Am Abend von Mariä Himmelfahrt war die Wallfahrtskirche bereits für den nachfolgenden Sonntag vorbereitet, an dem die äußere Feier des Patroziniums angesetzt ist. Nebst Festamt am Vormittag und Segensandacht am Nachmittag gibt's im Anschluß an die heilige Messe eine Sakramentsprozession, bei der offenbar diese, ich nenn' das jetzt mal, "Schildleuchter" mitgeführt werden. Auf den Schilden sind Darstellungen zu Rosenkranz-Geheimnissen und weiterem biblischem Szenario.
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Letztlich blieb ich etwas länger vor Ort als geplant: Zur Einstimmung prozessierte die Gemeinde am Samstagabend nämlich schon mal mit Kerzen um den Klosterberg, nachdem mich die Wallfahrtsmesse davor für die morgendliche Betsingmesse zumindest mit Credo III und einigen Missa de angelis-Relikten (besser als nix) ein Stück weit "entschädigt" hatte - ja, selbst die "Bauern" auf dem Dorf können lateinisch singen!!!! Zudem wurde jede Menge an marianischem Liedgut in Messe und Umgang gepackt, welches unter so ziemlich jedes Verdikt einer zeitgemäß-fortschrittlichen liturgical correctness fällt. Es tut einfach gut, ab und zu am eigenen Leib zu erfahren, daß zumindest Teile der katholischen Welt noch in Ordnung sind.
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Zuletzt wieder mal was vom ortsansässigen Andachtsbildchen: "Altes Gebet vor dem Gnadenbild in St. Märgen":
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Sei gegrüßt, heiligste Jungfrau, Mutter Gottes, Mutter der Barmherzigkeit, Zuflucht der Sünder und Trösterin der Betrübten! Dir sind alle meine Anliegen bekannt. Deswegen komme ich zu Dir und verehre Dich mit allen Gläubigen auf Erden und allen Heiligen im Himmel. Ich danke Dir für alles Gute, das ich von Dir und durch Deine Fürbitte von Gott empfangen habe. Demütig bitte ich Dich, Du wollest mich in meinen Anliegen nicht verlassen. In Deinen mütterlichen Schutz und Deine Fürsprache befehle ich alles und erbitte mir wahre Buße und Besserung meines Lebens. Ferner bitte ich Dich um Gesundheit des Leibes und der Seele, damit ich Gott in Treue diene und durch die unendlichen Verdienste Deines Sohnes zur ewigen Seligkeit gelange.

Amen.

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