Dienstag, 11. August 2009

Schlimm: Jesus sabotiert Konzil!

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Noch ein Nachklapp zum Evangelium vom vergangenen Sonntag, dem 10. nach Pfingsten. Da war, wie bereits bemerkt, im Evangelium von Pharisäer vs. Zöllner die Rede. Ehrlich gesagt - unser Herr Jesus hat damit dem Geist des Konzils einen Bärendienst erwiesen. Schon allein deswegen hätte spätestens Lukas die Geschichte unter den Tisch fallen lassen müssen, so wie es seine beiden synoptischen Kollegen schließlich auch gemacht haben. Johannes geht auf das Gleichnis sowieso nicht ein, wahrscheinlich fehlte ihm an der ganzen Geschichte eine überzeugende Logos-Kyrios-Melange.

Das Gleichnis ist nicht direkt vorkonziliar. Es ist viel schlimmer. Es ist antikonziliar!

Warum? Zum einen präsentiert es sozusagen den Prototypen des mündigen Christen, der - Pharisaeus stans - im Tempel rumsteht und zuvor eine ordentliche Portion religiösen Selbstwertgefühls gefressen hat. Entsprechend selbstbewußt fällt das Gebet aus. Hinten schleicht hingegen der Zöllner rum, zieht die Rübe ein und klopft sich an die Brust: ein Musterbeispiel jener metaphysischen Memmen, die sich von der Kirche (Achtung! Drohbotschaft!) aber auch wirklich jeden Bären und allerhand Bußwerke aufbinden haben lassen.

Und dann erst die Folgen dieses Gleichnisses für die lebendige Gestaltung der Eucharistiefeier! Grau-en-haft! Da konnten die Pfarrer endlich diese unkommunikativ entrückten Hochaltäre mit ihrem eingeschränkten Scheuklappen-Sichtfeld quittieren und dem Volk altarmäßig intensiv auf die Pelle rücken ... und was macht das Volk? Meidet konsequent die vorderen Reihen. Da steckt halt immer noch der Zöllner drin, der sich lieber im Hintergrund hält.

Deswegen eröffnen manche Priester ihre Eucharistiefeier gerne mit Kreuzzeichen und Einladung zur Volkswanderung: "Ich würde mich freuen, wenn wir alle etwas mehr nach vorne aufrücken würden". Und so macht sich das Volk Gottes auf den Weg ... zwei Bänke vor (bleibt ja immer noch ein Sicherheitsabstand von sieben Bänken bis zu den ersten Altarstufen). Daß diese Einladung nicht den gewünschten Effekt erzielt, haben zwischenzeitlich auch die Geistlichen verinnerlicht. Was tun?

Schlimmstenfalls muß bis zur nächsten Kirchenrenovation gewartet werden. Dann kriegt die Gemeinde eine neue Zelebrationsinsel auf's Auge gedrückt, die natürlich noch näher zum Volk hinbetoniert wird. Dem Plan fallen in der Regel mindestens die ersten drei bis vier Reihen zum Opfer. Was aber machen die Gläubigen aus dem Anrennen gegen jede liturgische Intimsphäre? Unterlaufen! Durch Unterlassung sozusagen - denn jetzt lassen sich alle wie unter Absprache intuitiv drei oder vier Bänke weiter hinten nieder, als hätte man den als nötig befundenen Abstand mit dem Zollstock ausgemessen ... Zöllner halt.

Da hilft nur noch eins: Die Altarinsel so weit ins Schiff rein rücken, daß am Ende nur noch drei bis vier Bankreihen übrig bleiben. Dann ist auch der Hochaltar devisualisiert weit weg (wenn er überhaupt noch visualisiert werden kann ...). Der gewaltige Raum dieser neuen Zelebrationsinsel läßt sich übrigens bestens "bespielen", wie das heute so schön heißt. Etwa mit liturgischen Tanzeinlagen in Kooperation mit der benachbarten Waldorfschule.

Wenn man dann noch obiges Gleichnis aus der Schrift raus exegiert (lukanisches Sondergut, spätere heidenchristliche Redaktion mit antijudaistischer Tendenz oder meinetwegen paulinisches Verschwörungskerygma oder so), dann kann endlich der Geist des Konzils wie ein neues Pfingsten über die verbliebenen zehn Gottesdienstbesucher hereinbrechen.

In diesem Fall könnte allerdings eine Bankreihe reichen. Oder alle - noch besser - dürfen sich gleich um den "Tisch des Brotes" aufstellen.

1 Kommentar:

Stanislaus hat gesagt…

Ich habe mal mit einer Vertreter der liturgischen Archäologismen ("Knien ist die Haltung des Büßers") diskutiert und auf den von Neonazis propagierten "aufrechten Gang der Deutschen" angesprochen ...