Samstag, 8. Oktober 2011

Aufgelesen: Menschenfurcht?

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"Ist auch ihre (gemeint sind die Christen) Furcht nicht so groß, daß sie Druckmitteln und Einschüchterungen soweit nachgeben, nun selbst dem gottlosen Beispiel zu folgen, so mögen sie doch den Zirkus, den sie selbst nicht mitmachen, häufig auch nicht tadeln. (...)
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Sie tadeln nicht, weil sie Muffe schieben, ihr Wohlergehen und ihr guter Ruf könnten (...) gefährdet werden oder auf der Strecke bleiben. Keineswegs treibt sie hier die Sorge um, daß hierdurch ihr Einfluß auf orientierungslose Menschen noch geringer werden könnte.
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Ihre Furcht entstammt vielmehr einer Schwäche, die sich an schmeichelndem Small Talk und des heiteren Tages freut. Und die zurückschreckt vor dem Gerede der öffentlichen Meinung, erst recht vor Marter oder gar dem Tod. Dies aber läßt mehr darauf schließen, daß man lieber den sehr weltlichen Angeboten irgendwelcher Trends folgt, als dem Verantwortungsgefühl und der Liebe"
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(St. Augustinus: De Civitate Dei, 1.9)
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PS Ein Problem der Kirchenväterlektüre besteht darin, daß die Texte, übersetzt man ihren antiken Gestus wörtlich, oft ungeheuer verstaubt daherkommen. Diese Paraphrase auf der Grundlage der Übertragung von Wilhelm Thimme versucht, mehr den Gedanken Augustins und weniger dessen Wortwahl auf die heutigen Zeitverhältnisse anzuwenden.
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PPS Bei diesen Worten können wir uns sicher alle an die Nase fassen. Aber irgendwie kam mir beim ersten Lesen vor allem der deutsche Episkopat in den Sinn. Warum nur ...? Vielleicht, weil der hl. Augustinus ein paar Zeilen weiter vorne noch annahm, kirchliche Amtsträger erlägen entsprechenden Versuchungen irgendwie weniger? Auch Kirchenväter scheinen dann und wann daneben zu liegen.

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