Mittwoch, 30. September 2009

Sankt Hieronymus




Da der heilige Hieronymus einem dahergelaufenen Löwen einen Dorn aus der Pfote gezogen hat, scheint das Fest dieses Kirchenvaters vor allem bei Katzenfans besonderen Zuspruch zu finden (ganz deutlich zum Beispiel hier). Ich halte zwar keine Katze, mag die Stubentiger aber gut leiden, wenn sie draußen herumliegen. Und immerhin habe ich eine Stoffkatze, die mir mal zu Schulzeiten verehrt wurde und den Namen Enzücklika trägt.

Ferner bin ich der Meinung, daß Katzen, also die echten, dringend einen eigenen Schutzpatron benötigen. Die vielen Katzensteckbriefe, die mich fragen, ob ich nicht zufällig Miez irgendwo gesehen hätte, und mich auffordern, im Keller zu forschen, ob nicht Mauz darinnen kläglich eingesperrt sei, lassen darauf schließen, daß der heilige Franziskus mit kätzerischen Eskapaden eindeutig überfordert ist.


Hieronymus wäre sicher der richtige Heilige dafür, schließlich sagt man ihm einen etwas kratzbürstigen Charakter nach.

An besonders geschmeidige Katzen sind auch die folgende Ausführungen des heiligen Hieronymus zum 5. Kapitel des Ev. Matthäi gerichtet. Es geht dabei um die Worte vom Licht der Welt und den Scheffel, unter den man das Licht nicht stellen soll usw. Der Herr mahne "zum Vertrauen beim Predigen, auf daß die Apostel sich nicht aus Furcht verstecken, und einem unter den Scheffel gestellten Licht gleichen, sondern daß sie mit dem ganzen Freimut sich zeigen". Und an wen richten sich diese Worte? An die Bischöfe, unsere aktuellen Episkopen inbegriffen: Alles für die Katz' ...!?!

Dienstag, 29. September 2009

Sankt Michael




Wer ist wie Gott? ... Die Frage mag uns der Engel in Erinnerung rufen, wenn wir uns fragen, warum unser Leben so und so über die Bühne geht, obwohl es doch viel besser und sicher auch Gott gefälliger wäre, wenn uns dies und jenes widerführe.

Wer ist wie Gott? ... Die Frage mag uns der Engel in Erinnerung rufen, wenn wir uns fragen, wie all das eigentlich zusammengeht, was wir glauben und glauben sollen, obwohl es doch viel besser und sicher dem Verstehen eingängiger wäre, wenn Gott auf diese oder jene Weise zu uns gesprochen hätte.

Wer ist wie Gott? ... Die Frage mag uns der Engel in Erinnerung rufen, wenn wir wieder einmal dabei sind, uns unseren Gott nach unserem Bild und Gleichnis zu schaffen, weil uns ein Gott nach dem Bild der Menschen viel realistischer und ... menschlicher ... scheint.

Wer ist wie Gott? ... Der Engel, der uns diese Frage immer wieder gestellt hat, möge am Ende des jetzigen Weges für uns eintreten und die letzten Schatten in und um uns niederringen. Und dann führe er uns aus den vielen Fragen unseres Lebens zu der einen Antwort.

Sed signifer sanctus Michael
repraesentat eas in
lucem sanctam.

Montag, 28. September 2009

Orgelmusik: Alles Deko, oder was?




Seufz! Als Organist hat man es nicht immer leicht, in der außerordentlichen Form des römischen Ritus gleich zweimal nicht. Choralmessen, Kirchenlieder, Akklamationen, womöglich auch das Proprium - alles will begleitet werden, zeitweilig ohne Verschnaufpause hintereinander weg. Natürlich gehört ein "tridentisches" Hochamt zu jenen Herausforderungen, die Spaß machen, zumal man sich irgendwann eine ordentliche Portion Souveränität aneignet und einem so schnell nichts aus der Bahn wirft. Zudem öffnet die "alte" Messe Zeiträume, in denen sich die Orgel, handle es sich um Literaturspiel oder Improvisation, entfalten kann. Im Vergleich zur "Gabenbereitung" ordentlichen Zuschnitts dauert ein "altes" Offertorium mit Weihrauch und allem Drum und Dran eine kleine Ewigkeit. Man muß nicht fürchten, daß der Priester nach drei Akkorden schon für das Gabengebet in den Startlöchern steht. Also alles heile Welt?

Leider nein, denn in traditionsfreudigen Kreisen wird Orgelmusik im Gottesdienst oft als nette Deko betrachtet. Und nur als nette Deko. Entsprechend geht man damit auch um.

"Können Sie am Schluß nur kurz spielen?" ... wurde ich heute in St. Anton gebeten. Es müsse noch etwas angesagt werden - wohlgemerkt, nicht vom Priester, sondern von einem Laien. Natürlich kann ich kurz spielen. Aber irgendwie erinnerte mich das an ähnliche Erlebnisse in anderen altrituellen Gottesdiensten, wo nach der Messe auch dann und wann plötzlich jemand vorne erschien und noch irgendwas ansagen mußte. Und wehe, der Organist hat das nicht gemerkt ... zunehmend empörte Blicke in Richtung Orgel ... psst ... psssst ... psssssssst. Ähnliche Widerfahrungen ließen sich auch aus der einen oder anderen Messe benennen, wenn dieses oder jenes Orgelstück halt mal noch fünf Takte Zeit brauchte. Meistens sind es dann die besonders Frommen, die meinen, für den rechten Ablauf des Gottesdienstes Sorge tragen zu müssen. Mit Priestern hatte ich wegen fünf (oder auch zehn) Takten bisher nämlich noch nie ein Problem.

Zur Klarstellung: Selbstverständlich ist die Musik Dienerin in der Liturgie. Selbstverständlich wähle ich Orgelliteratur so aus, daß der zeitliche Rahmen beim Offertorium, beim Kommuniongang möglichst nicht gesprengt wird. Selbstverständlich gebe ich mir Mühe, bei Improvisationen innerhalb der Litugie auf den Punkt fertig zu werden. Selbstverständlich weiß ich, daß das Wesentliche in der heiligen Messe am Altar vollzogen wird und nicht auf der Orgel. Und selbstverständlich weiß ich, daß alles im Gottesdienst, und damit auch die Musik, von diesem Wesentlichen sein Maß empfängt. Und durch dieses Wesentliche geheiligt wird. Und dieser letzte Gedanke ist mir so wichtig, daß ich ihn gleich nochmals wiederholen möchte:

Die Musik wird durch die Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers geheiligt. Vom Altar her empfängt sie - ganz konkret - innerhalb der heiligen Messe eine ganz eigene Würde. Da muß man garnicht lange irgendeinen Kunstbegriff ins Feld führen, um zu erklären, daß es gegen die Kunst verstoße, bei einer Bachschen Choralbearbeitung einfach die letzten fünf Takte wegzuschnippeln. Die Musik ist in diesen Augenblicken geheiligt durch das, was sich in diesen Augenblicken an Wesentlichem vollzieht. Weil sie geheiligt ist, verdient sie auch Respekt, solange sie das ihr zugemessene Maß ihrerseits grundsätzlich nicht über den Haufen wirft. Daß die Güte von Inhalt und Form der Feier der heiligen Liturgie entsprechen muß, versteht sich dabei von selbst.

Weil die Musik - ob Gregorianik, ob Kirchenlied oder "nur" Orgelmusik - vom Altar her ganz konkret Heiligung erfährt, ist sie mehr als nur Dekoration, die man nach Belieben und aus mehr oder weniger wichtigen Gründen andrehen oder abwürgen kann. Das gilt auch für das Postludium.

Samstag, 26. September 2009

Die außerordentliche Wahlempfehlung ...

... des römischen Ritus ist ebenso eindeutig wie das Wort unserer Bischöfe. So fiel vorhin mein Blick schonmal auf jene Magnificat-Antiphon zur ersten Sonntagsvesper, die dem Wochenlauf zu entnehmen ist und in diesem Jahr dem 17. Sonntag nach Pfingsten zufällt. In der Matutin zur beginnenden fünften Woche im September hebt die Lektüre des Buches Judith an - passend zum Anfang also in der ersten Vesper zum morgigen Sonntag:

Adonai, Domine, Deus magne et mirabilis,
qui dedisti salutem in manu feminae,
exaudi preces servorum tuorum.

Herr und Gott, gewaltig und wunderbar,
Du hast die Rettung in die Hand einer Frau gelegt;
erhöre die Gebete Deiner Knechte.

Heißt das jetzt, daß Merkel morgen gewinnt? Oder wäre das eher ein Gebet für Steinmeyer, daß ab morgen - die Frau war je schon dran - die Rettung in seine Hand gelegt werde? Oder beten die Knechte, weil Gott die Rettung in die Hand einer Frau gelegt hat, aber keiner so recht glaubt, daß das was bringt?

Die Oration vom 17. Sonntag nach Pfingsten, welche für die Vorabendvesper heranzuziehen ist, bringt auch nicht mehr Licht in diese speziellen Fragen, fällt aber klassisch kurz aus:

Da quaesumus, Domine,
populo tuo diabolica vitare contagia:
et te solum Deum pura mente sectari.

Gewähre Deinem Volk, Herr,
teuflischen Zugriffen aus dem Weg zu gehen,
und nur Dir als einzigem Gott mit reinem Sinnen zu folgen.

Scheint mir immerhin eine klare Aufforderung zu sein, unter den bisher im Bundestag vertretenen Parteien auf jeden Fall den Grünen und der Linkspartei aus dem Weg zu gehen ... was die drei anderen anbelangt, da bin ich noch am Grübeln.

Nachtrag: Eigentlich bedenklich, wenn man schon anfängt, im Brevier nach Erleuchtung im Angesicht des Wahlzettels zu suchen ...

Und nochwas: Nach dem alten Kalender fällt das Fest der Heiligen Cosmas und Damian, ihres Zeiches bekanntlich Mediziner, auf den morgigen Sonntag. Hoffentlich brauche ich keinen Arzt, wenn die ersten Hochrechnungen kommen ...

Donnerstag, 24. September 2009

Das Stundengebet sollte kein Bastelbogen sein

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Zufriedenheit, nachdem man das Gebetbuch zugeklappt hat, ist sicher keine wesentliche Kategorie, wenn es um, nennen wir es mal: gelingendes Beten geht. Sicher, ein zerstreut zusammengemurmelter Rosenkranz, eine durchgeflogene Laudes, eine Danksagung, in deren Zentrum vor allem der Vorsatz steht, sich nächstens beim Bäcker keinen altbackenen Streusel mehr andrehen zu lassen, lassen uns, weil weder der Geist noch das Fleisch wirklich willig waren, bedröppelt zurück. Wenn hier von Zufriedenheit die Rede ist, dann meine ich aber nicht die erfreut zur Kenntnis genommene Abwesenheit menschlicher Fehlleistungen, sondern eine ganz eigene positive Stimmung, aus dem Gebet besonders leckeren Nektar gesogen zu haben.

Für mich stellt sich das zum Beispiel gerne ein, wenn ich mich am Breviarium Romanum vergreife. Um mit leichter Änderung ein Kirchenlied zu zitieren: "Mein ganzes Herz erhebet" sich, wenn ich mir vorstelle, daß ich mich mit meinem bescheidenen Beitrag in das große Gebet der Kirche einfügen kann, daß ich in diesen gewaltigen Strom aus Psalmen, Schriftworten, Hymnen, Orationen, Lesungen, Antiphonen etc., der sich seit Jahrhunderten über Himmel und Erde, die sichtbare und die unsichtbare Welt ergießt, sozusagen hineinspringen kann: Eine besondere stabilitas gewinnen diese Gedanken für mich durch die früher selbstverständliche Einsicht, daß sich die eine Kirche nicht nur im übertragenen Sinn, sondern wortwörtlich una voce betend artikuliert. Daß zum Beispiel rund um den Erdball mit geradezu eherner Intensität an der Schwelle der heraufdämmernden Nacht immer wieder der eine Hymnus angestimmt wird: Te lucis ante terminum, rerum creator poscimus, ut pro tua clementia sis praesul et custodia ... Tut sie aber leider nicht mehr. Zumindest nicht mehr so, daß ich (in oben beschriebenen Sinn) "zufrieden" bin, wenn ich die Liturgia horarum aus der Hand lege.

"Welch wundervolles Schauspiel bietet dem Himmel und der Erde die betende Kirche, wenn ohne Unterlaß Tag und Nacht die unter göttlicher Eingebung niedergeschriebenen Psalmen gesungen werden, wenn keine Stunde des Tages gezählt wird, die nicht durch ihre eigene Litugie geweiht wäre, wenn jedes Lebensalter seine Rolle hat beim Dank-, Lob-, Bitt- und Sühnegebet dieses gemeinsamen Flehens des mystischen Leibes Christi, der Kirche" (Pius XI.).

Wie schon öfter angedeutet, bete ich hin und wieder die Laudes mit einem Geistlichen und hantiere somit auch mit dem heute "ordentlichen" römischen Stundengebet. Um mich darüber hinaus mit diesem "Ritus" vertraut zu machen, greife ich auch privat gelegentlich zu diesem Buch. Aber es keckst mich schlicht und einfach schon an, wenn ich, wie vor einigen Tagen am Fest des hl. Januarius, mir aussuchen soll, ob ich lieber auf das Kommune unius martyris oder das Kommune pastorum zugreifen will. Wenn ich dann noch daran denke, daß sich jede Bischofskonferenz auf Grundlage des andauernden römischen Entweder-Oder nochmals ihr eigenes Stundengebet basteln kann (mit teils schauderhaften Ergebnissen), so tritt für mich an die Stelle der stabilitas eine höchst amorphe Gebetsmasse, bei der letztlich jeder macht, was er gerade gut und schön findet. Vielleicht bin ich da etwas zu statisch gepolt, vielleicht muß der mündige Christ in mir erst noch wachgeknutscht werden, vielleicht habe ich bisher auch schlicht nicht genug Glückskekse gefuttert:

Aber Liturgie stelle ich mir als etwas Verlässliches vor, als etwas, das sich - ganz handfest - als das eine ordnendes Wort über das vielstimmige Chaos dieser Welt erhebt und damit zugleich Einheit und Halt stiftet im ... und zum ... Lob Gottes.

"Nur wer sich wandelt ...

... bleibt sich treu" - eigentlich kommt mir dieser Spruch zu beiden Ohren raus. Keine noch so besch... kirchliche Selbstdestruktion, in deren Dunstkreis nicht dieses Wort wabert. Hier nehme ich es dennoch für mich in Anspruch, obschon ich keineswegs die Absicht hege, mein Heil künftig in der klassenlosen Gesellschaft, bei - äh, wieviel - 72 (?) Jungfrauen, im Nirvana oder unterm Gullideckel zu suchen.

Ein wenig fühle ich mich selbst an die Bilderstürmer erinnert, die ab Ende der 1960er-Jahre nicht wenige Kirchen entdekoriert, entstuckt, entschnörkelt, entbildert und hoch antaltart haben. Schließlich glaubte schon Winckelmann, daß allein schlichte Einfalt stille Größe zeitige, weshalb wir uns griechisch-antike Bildwerke nur in strahlend weißer Vollendung vorstellen mögen, obwohl die Dinger ursprünglich strunzbunt waren.

Dennoch habe ich diese Seite hier ein wenig umgestaltet, weil mich das durch die Vorlage Scribe evozierte 19. Jahrhundert auf Dauer eine Spur zu dunkel und layoutmäßig zu beengt dünkt. Ich hoffe, die Änderungen, von der ich mir auch eine höhere Lesefreundlichkeit und übersichtlichere Anordnung der Texte und Seitenelemente verspreche, stoßen auf allseitiges Wohlgefallen.

Mittwoch, 23. September 2009

Die heilige Banalität

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Ist Enthusiasmus bei der Feier der heiligen Liturgie angebracht oder fehl am Platz? Die Frage scheint bereits daran zu scheitern, daß man nicht recht abschätzen kann, wie enthusiastisch Enthusiasmus eigentlich sein darf, ehe er ins Unerträgliche umschlägt. Herrscht in der Liturgie reine Geschäftigkeit vor, so artet selbige unter Umständen in die unfreiwillige Demonstration von Desinteresse aus. Das scheint mir dann das liturgische Pendant zu aktuellen politischen Umtrieben zu sein, die dieser Song auf's Korn nimmt: "Und alle so: Yeah!".
Wenn Priester andererseits den heiligen Schauer zelebrieren, dann kann auch das schnell fragwürdig werden. Mir kommt hier ein Pater in den Sinn, der im außerordentlichen römischen Ritus vor und nach der Elevation des Leibes und Blutes Christi Kniebeugen machte, die anderswo bereits als eucharistische Anbetung durchgehen würden: gefühlte fünf Minuten Minimum, jeweils pro Kniebeuge. Auch das dürfte kaum dem Geist der Liturgie entsprechen.

Zur Frühmesse mußte ich heute unvermutet in das Münster von Zollitsch City ausweichen, nachdem ich an "meiner" Kirche nur an der Tür rütteln konnte (das kommt davon, wenn man zwei Tage am Stück schwänzt). Irgendwann während der Fürbitten sprach der Zelebrant im Münster von irgendeiner "unfaßbaren" Eigenschaft Gottes, und dies mit jener Art beiläufiger Geschäftigkeit, die mich stark an Desinteresse erinnerte. Überhaupt schien mit die ganze Feier von dieser Geschäftigkeit geprägt. Was soll man dazu sagen? Und alle so: Yeah ...?

Immerhin: Der Zelebrant hat sich ziemlich genau an den Ritus gehalten, wenngleich es mir immer seltsam vorkommt, wie rasch sich bei der Gabenbereitung Hostienschale und Kelch in die Höhe halten lassen. Als ich noch Ministrant war, haben mich solche Priester gestreßt, weil sie schon wieder zur Kredenz äugten, während ich noch versuchte, zwei Kännchen und ein Handtuch würdevoll zur Handwaschung zu bereiten und herbeizutragen. Doch zurück ins Münster: Auch die ellenlange Einführung in die heilige Messe sehe ich dem Zelebranten nach, denn immerhin weiß ich jetzt, daß es irgendwo auf der Welt ein medizinisch sehr gut ausgestattetes Krankenhaus mehr gibt, hätte es Padre Pio nicht gegeben. Aber wie gesagt: Der Zelebrant hat eigentlich nichts "falsch" gemacht: keine Brotwürfel konsekriert, keine Texte massakriert und sich keine Pappnase aufgesetzt.

Aber diese heilige Messe offenbarte gnadenlos jene Banalität, die den ordentlichen Ritus selbst dann auszeichnen kann, wenn er halbwegs ordentlich gefeiert wird. Außerdem fand ich diese Meßfeier passend zum gegenwärtigen Erscheinungsbild der Kirche. Um mit letzterem Punkt anzufangen zwei Beispiele:

- Mit von der Partie waren drei Konzelebranten, so daß ein Quartett den Altar umstand: Drei Priester waren bereits älteren Datums, einer war jünger. Und kam aus Polen.
- Bei den Fürbitten wurde besonders "für die Kapuziner in unserer Erzdiözese" gebetet - "vor allem für jene, die hier noch wirken, also die in Zell am Hamersbach". In Stühlingen sollte es eigentlich auch welche geben, aber die sind dem Zelebranten entweder entfallen oder schon in der Versenkung verschwunden.

Und das Banale? Ergab sich aus dieser Geschäftigkeit, dieser Business-as-usual-Haltung im Vollzug. Zweites Hochgebet mit Gruppenkonsekration und späterer Textverwaltung bei verteilten Rollen, wobei das Altarmikrophon nicht jede Stimme einfangen wollte. In all dem noch das mysterium fidei zu erblicken, bedurfte schon einer gewissen intellektuellen Anstrengung.

Natürlich kann man die "neue" Messe auch so feiern, daß das Heilige in dieser Welt nicht nur für die Seele, sondern für den Menschen in seiner leibseelischen Gesamtheit erfahrbar wird - nur rüttelte ich dafür heute an einer verschlossenen Tür ... nicht von ungefähr ist es die aufmerksame Objektivität, nach der mancher Zelebrant strebt, die im Verbund mit der Zelebration versus deum auch dem "erneuerten" Ritus auf die Füße helfen kann: Auch für die Liturgie gibt es einen Takt und ein Taktgefühl. Priester, die dies - so scheint mir zumindest - wirklich verinnerlicht haben, müssen keineswegs ein enthusiastisches Bohei veranstalten.

Insgesamt aber denke ich, daß die "alte" Messe grundsätzlich resistenter gegenüber "zelebrierter" Unzulänglichkeit ist. Sie mag schlampig oder schlecht, unaufmerksam oder übereilt gefeiert werden - dennoch schützt sie das Mysterium vor dem Anschein einer geschäftsmäßigen Verwaltung, weil ihre alten Formen, Gesten, Worte und Riten uns ebenso fern und alltagsfremd sind wie das letzte Verstehen dessen, was sich hinter ihnen ver- und entbirgt.

Sonntag, 20. September 2009

Ich bekenne fernerhin, ...

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... nachdem ich mich gerade als unsensibler Kirchenliedmacho geoutet habe und der Ruf sowieso ruiniert ist, also da bekenne ich fernerhin eine Schwäche für, nun ja ... religiöses Filmschaffen. Also zum Beispiel für The Boondock Saints (dt. Der blutige Pfad Gottes), eindeutig einer der Höhepunkt des ekklesialen Trashkinos, Tarantino für Katholiken mit traditionellen Wertbildern und einer Neigung zu apokalyptischen Zuständen. Eine kleine Spur friedliebener ist hingegen das Dschungelschlacht-Opus Die Tränen der Sonne. Hier rettet Bruce Willis unter ungemütlichen Umständen eine Ärztin aus einer Missionsstation, ehe die standhaft bei den Schutzbefohlenen dort verbleibenden Ordensschwestern mitsamt dem Geistlichen von Rebellen niedergemetzelt werden.

Ich könnte jetzt zu diesem Beitrag noch ein Bild von mir posten, aber nach diesen Fangesängen auf das gepflegte Blei- und Ballerkino laß ich das lieber mal, bevor die gutmenschliche Korrektheit am Ende wieder Muffensausen bekommt ... ;-)

Ich bekenne ...

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... nebst Gott, dem Allmächtigen, vor allem allen Brüdern und Schwestern, daß ich heute, mal zu keiner Orgel abkommandiert, in der Frühmesse in Ermangelung eines Gotteslobs beim Lied Laßt uns loben ... also nicht nur Brüder, loben, sondern am Ende auch noch ... mit dem neuen Leben weihte, uns zu seinen Söhnen zählt gesungen habe.

Werde ich jetzt zwangsgegendert oder komme ich mittels einfacher Lynchjustiz noch aus der Sache raus?

Doch noch ganz gebacken ...

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Das Reich Gottes ist wie ein Butterkuchen. Wenn man sich ehrlich drum bemüht, kommt auch was Anständiges bei raus. Sogar dann, wenn nicht alles so läuft, wie es laut Rezept bestens laufen sollte. Dummerweise waren die Eier irgendwie außen vor geblieben, wobei die volle Eierschachtel auf dem Küchentisch angesichts eines bereits zu zwei Dritteln aufgegangenen Teigs zu kurzem Zähneknirschen führte (und mir plötzlich klar war, warum mir der Teig beim Kneten etwa "unflüssig" vorkam). Doch was hülfet es dem Menschen, wenn er den ganzen Teig fortwerfen wollte? Also wurden die zwei Eier nachträglich reingeknetet und der Teig nochmals auf die Wartebank gesetzt ... dem Geschmack, der Konsistenz war der beeierte Sündenfall nach 20 Minuten Fegefeuer bei 200 Grad Ober-, Unter- oder Was-weiß-ich-Hitze (allerdings für den Kuchen und nicht für den Bäcker!) letztlich nicht abträglich. Deo gratias.


Backe, backe Butterkuchen

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Wie war das noch mit dem Himmelreich und dem Sauerteig? Soll sich doch irgendwie durchwirken, auf daß sich am Ende alles mächtig entfalte ... klingt gut und irgendwie auch garnicht so schwer. Nur zeigt die Praxis, daß des Christenmenschen Heil wohl - auch - unter Furcht und Zittern errungen werden will, so wie unter Furcht und Zittern dieser Hefeteig hoffentlich zu einem Butterkuchen aufgehe. Gezittert wird umso mehr, da ich noch nie einen Hefeteig zusammengekloppt habe ...

Teile meiner Küche sehen bei dieser Butterkuchenbackliturgie ad experimentum jedenfalls wie ein kleines Schlachtfeld aus; warum soll's im Restleben anders sein ...?

Freitag, 18. September 2009

Die Heiligen und die Gemeine

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Zollitsch City hat zwei Stadtpatrone: Einmal den heiligen Georg, dessen Bild groß und breit an der Außenseite des Schwabentors prangt. Und dann den heiligen Lambert von Lüttich, ein Bischof und Martyrer. Um das Jahr 705 herum wurde er ermordet, alldieweil er die Kirche gegen weltliche Einflußnahme verteidigte. Nachdem ein Sproß der Zähringer, die Zollitsch City einst gründeten, im 12. Jahrhundert Bischof von Lüttich geworden war, verehrte dieser seiner Heimat ein Kopfreliquiar: Lambert wurde Stadtpatron und der 17. September zum Hochfest innerhalb der Stadtmauern. Entsprechend gab's heute in der Frühmesse Gloria und Credo.

Solch hohe Feier von Stadtpatronen wirkt heute irgendwie anachronistisch, weil wir unsere Umwelt meist eher konsequent säkular begreifen. Derzeit wälzen zum Beispiel viele Menschen im Land Gründe und Argumente hin und her, welche Partei man in zehn Tagen wählen soll. Für die Blogozöse spielt dabei, immerhin, auch die Frage nach der christlichen Verortung der einzelnen Politikangebote offenkundig eine Rolle. Aber Hand auf's Herz: Wie viele haben in letzter Zeit für dieses Land, für Deutschland, gebetet? Ich meinesteils muß einräumen: Der Gedanke ist mir schon lange nicht mehr in den Sinn gekommen. Vielleicht ist das auch jenem nicht von ungefähr gestörten Patriotismus geschuldet, der uns zwar in einer Nation leben läßt, aber nicht mit ihr. Andererseits: Zur Heimatstadt oder zum Wohnort, an dem man sich (hoffentlich) heimisch fühlt, ist das Verhältnis meist entkrampfter, oft sogar von einer Portion Lokalpatriotismus geprägt. Aber beten wir deswegen etwa für unsere Städte? Obschon sie meistens der Rahmen sind, in dem uns alle Probleme, alle Schieflagen, alles Leid und Elend, das uns direkt umgibt, unmittelbar vor Augen tritt, weil "die Stadt" eben keine Statistik ist, sondern Lebensraum, in dem wir uns täglich bewegen?

Die Stadt ist aber mehr als ein rein säkularer Raum, die anonyme Behausung der Menschenkinder oder die Kloake der Gestrandeten. In der Heiligen Schrift und im Beten der Kirche begegnet uns von Zeit zu Zeit "die Stadt" - als "Stadt auf dem Berge", als "himmlisches Jerusalem" oder als "Stadt Gottes" usw. Insofern ist die irdische Stadt - deren Grundkonzeption sich seit biblischen Zeiten erstaunlich wenig gewandelt hat - immer auch Verweis auf Kommendes: als Sammlungsort der Erlösten, als Auftrag in der Gegenwart und als große Vision des Zukünftigen. Mir kommt dabei eine kurze Bitte aus dem Römischen Kanon in den Sinn: Diesque nostros in tua pace disponas ... "Ordne unsere Tage in Deinem Frieden", eine Bitte, die mit dem Satz schließt ... et in electorum tuorum jubeas grege numerari - "und zähle uns zu der Schar Deiner Auserwählten". Was nichts anderes heißt als: Öffne uns Deine Stadt, Dein himmlisches Jerusalem.

Heiliger Lambert,
der du den Glauben mit deinem Blut besiegelt hast,
seit Jahrhunderten ehren Dich Menschen
hier in Freiburg.
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Tritt ein für diese Stadt.
Tritt ein für die Menschen, die hier leben und wohnen,
für die Starken und die Schwachen,
seien sie gläubig oder Gott entfremdet.
-
Laß durch dein Vorbild und Zeugnis
unseren eigenen Mut wachsen,
das Beste für diese Stadt zu suchen,
indem wir selbst glaubhaft Zeugnis geben
von der Botschaft des Evangeliums,
um die Herzen der Menschen
für das Reich Gottes zu gewinnen.
-
Erbitte von Gott die Kraft,
damit wir uns dieser Herausforderung
in Worten und Taten,
in Liebe und Geduld
und mit Freude
jeden Tag neu stellen können.
-
Erbitte uns jenen wachen Geist,
der in dieser Stadt, im Hier und Jetzt,
das kommende Gottesreich sieht,
jenes himmlische Jerusalem,
in dem Gott alle Menschen
in seiner Liebe versammeln möchte.
-
Amen.
*

Dienstag, 15. September 2009

Zum Fest der Sieben Schmerzen Mariä

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O quot undis lacrimarum,
quo dolore volvitur,
luctuosa de cruento
dum revulsum stipite,
cernit ulnis incubantem
Virgo Mater Filium!
-
Welch ein Strom von bittern Tränen,
welch ein Leid durchwühlt wie Glut
jene Mutter, als die Leiche
ihres Kinds, bedeckt mit Blut,
abgenommen ward vom Kreuze
und in ihrem Schoße ruht.
*
Os suave, mite pectus
et latus dulcissimum,
dexteramque vulneratam
et sinistram sauciam,
et rubras cruore plantas
aegra tingit lacrimis.
-
Tränen netzen lieb die Seite,
seine Brust, den lieben Mund,
seine Rechte, seine Linke,
beide von den Nägeln wund,
auch die Füße, blutgerötet;
so tut Mutterleid sich kund.
*
Centiesque miliesque
stringit arctis nexibus
pectus illud et lacertos,
illa figit vulnera;
sicque tota colliquescit
in doloris osculis.
-
Hunderttausendmal umschlingt sie
jedes Glied mit Zärtlichkeit,
seine Brust und seine Arme;
Jede Wunde mehrt ihr Leid.
Bis sie unter tausend Küssen
ganz zerfließt in Bitterkeit.
*
Eia, Mater, obsecramus
per tuas has lacrimas,
Filiique triste funus,
vulnerumque purpuram,
hunc tui cordis dolorem
conde nostris cordibus.
-
Liebste Mutter, laß dich bitten
bei der tränenreichen Flut,
bei dem Grabe deines Kindes,
bei den Wunden voll von Blut:
Senk hinein in unsre Herzen
die von dir gefühlte Glut.
*
Esto Patri, Filioque,
et coaevo Flamini,
esto summae Trinitati
sempiterna gloria,
et perennis laus honorque
hoc et omni saeculo.
Amen.
-
Preis dem Vater, Preis dem Sohne,
und dem Heilgen Geist geweiht
sei der gleiche Preis; gemeinsam
singt ihn der Dreifaltigkeit.
Lob und Ehre sei gebracht ihr
jetzt und alle Ewigkeit.
Amen.
-
Hymnus zur Matutin am Fest der Sieben Schmerzen Mariä
aus dem Breviarium Romanum
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Montag, 14. September 2009

Ich-Sucht auf "Liturgisch"

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Theresia Benedicta hat auf ihrem Blog Pange lingua einen Hymnus zur Komplet aufgetan, der mir nicht nur fremd ist, sondern mich auch etwas befremdet (wobei ich jetzt hoffe, daß mir Theresia solch offenes Wort nicht nachträgt).

Als Quelle wird das Stundenbuch genannt, und da dreht sich mir schon der Magen um. Nun habe ich vom nachkonziliaren Stundengebet wenig Ahnung, von den wenigen Horen einmal abgesehen, bei denen mich ein Geistlicher zur Nutzung der Liturgia Horarum ... sagen wir mal: nötigt (und derentwegen ich mir das nötige "Arbeitsmaterial" derzeit antiquarisch ranzuschaffen versuche, zwei Bände habe ich zwischenzeitlich).

Ich gehe aber davon aus, daß der besagte Hymnus als Sondergut des deutschen Stundenbuchs im Gebet der Kirche gestrandet ist. Da hat er meiner Ansicht aber nichts zu suchen. Warum?

"Christus, du bist meine Hoffnung ...
dir neigt sich mein Geist ...
an dir halt ich fest"
etc. etc. etc.

Das ist schön gesagt und sicher jeder geistlichen Erwägung wert, aber so betet die Kirche nicht: In ihrem Gebet spricht sich kein "Ich" aus, sondern ein "Wir" - und damit meine ich nicht ein banales Kirchenvolks-Selbstverständnis mit Ringelpiez um den Altar, sondern die Gemeinschaft der triumphierenden, der streitenden und der leidenden Kirche, übergreifend die Zeiten, Räume und Dimensionen.

Das Gebet der Kirche, das unserer eigenes Beten in diesen gewaltigen Zusammenhang stellt und besonders heiligt, übersteigt die Anmutungen jeder persönlichen Frömmigkeit, beläßt diesen Anmutungen aber selbstverständlich dennoch einen Raum im Rahmen der taktvollen Texte ihrer Liturgie. "Rhetorisch" meidet sie dabei allerdings allzu deutliche Züge ins Individualistische.

Zuletzt stört mich an diesem Text, der wahrscheinlich ziemlich neueren Datums sein dürfte, die Wendung " ... dich liebt, wer nur Kraft hat zu lieben: unbewußt, wer dich nicht kennt ...". Natürlich kann man alles überinterpretieren, aber mir müffelt das schon wieder zu sehr nach dem "anonymen Christentum" vom Grötaz.
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Sonntag, 13. September 2009

"Du bist Zuflucht beim Gericht" - zu Kreuzerhöhung

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Heilges Kreuz, so hoch begnadet,
letzte Ruh' dem Herrn zu sein;
seinen Leib hast du gebettet,
du mit Blut geweihter Schrein,
Kreuz, du Zeuge seiner Liebe,
Zeuge seiner größten Pein!
*
Heilges Kreuz, in alle Herzen
präge ein des Heilands Tod;
laß uns nimmer doch vergessen,
die er trug, die harte Not!
Kreuz, aus deines Leidens Dunkel
stieg herauf das Morgenrot.
*
Heilges Kreuz, o lehr uns leiden!
Nur aus dir erstrahlt das Licht,
nur durch dich erstirbt die Sünde,
du bist Zuflucht beim Gericht.
Heilges Kreuz, wer dich getragen,
schaut des Heilands Angesicht.
-
Erich Przywara SJ

Das Kreuz und seine Geschichten

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Heute gibt's mal einen Einblick in meine gute (?) Stube, mehr oder minder aus gegebenem Anlaß. Also das oben auf dem Bild würde ich jetzt mal dreist meinen Herrgottswinkel nennen. Herrgottswinkel? Ohne Ecke? Jaaa, das geht trotzdem. Man muß nur in einer Mansardenwohnung hausen, bei der sich, etwas über der halben Raumhöhe, die Wand in Schräglage begibt. Gibt auch 'nen Winkel, ohne Ecke halt.

Doch zum Wesentlichen: Das Kreuz habe ich heute auf der Pfarrkilbi von St. Anton (Basel) erworben, am Flohmarktstand, für einen Franken. Ich habe der Frau noch ein paar Franken mehr in die Hand gedrückt, der Erlös kommt ohnehin irgendwie der Kirche zugut (wobei ich eigentlich garnicht so genau wissen will, was die Kirche mit dem Geld schon wieder anstellt, bei manchen Projekten würde man den Geldhahn schließlich lieber zudrehen).

Dieses Kreuz zählt sicher nicht zu den Höhepunkten der christlichen Kunst, es hat aber gewiß seine Geschichte, die von Jahrzehnten weiß. Manchmal würde man selbst gerne etwas mehr davon wissen ... sei's drum: Nun ist dieses Kreuz Teil meiner Geschichte. Und ich hoffe, daß es mich in dieser Zeit immer wieder daran erinnern wird, daß meine - wie unser aller - Geschichte ein Teil des Kreuzes ist, im Guten wie im Schlechten: als Menschen, die dem Herrn helfen wollen, das Kreuz zu tragen. Und als Menschen, um deren Schuld willen der Herr das Kreuz getragen hat.

Samstag, 12. September 2009

Der Engel nennt sie Herrin - zu Mariä Namen

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"Habe keine Furcht, Maria!"
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... (so) wird die Würde Mariens aus ihrem Namen verkündet; denn sie heißt Maria in hebräischer Sprache, in unserer Sprache heißt sie Herrin. Der Engel also nennt sie Herrin, damit von der Mutter des Herrn knechtische Furcht weiche, da bei ihr die Würde ihres Kindes bewirkte und erlangte, daß sie schon von ihrer Geburt an "Herrin" genannt wurde.
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- aus einer Predigt des hl. Petrus Chrysologus zur Verkündigung -
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Freitag, 11. September 2009

Stehen oder Knien zum Segen in der Messe?

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Kürzlich trat die Frage auf, welche liturgische Haltung die Gläubigen beim Schlußsegen in den Heiligen Messe des ordentlichen römischen Ritus gemäß kirchlichen Vorgaben einnehmen sollen: Knien oder Stehen?

In der 2007 von den deutschen Bischöfen vorab zum neuen Meßbuch publizierten Grundordnung heißt es allgemein zu den liturgischen Haltungen:

43. Die Gläubigen haben zu stehen von Beginn des Gesangs zum Einzug beziehungsweise während der Priester sich zum Altar begibt, bis zum Tagesgebet einschließlich, beim Gesang des Halleluja vor dem Evangelium, bei der Verkündigung des Evangeliums selbst, beim Glaubensbekenntnis und beim Allgemeinen Gebet sowie von der Einladung „Betet, Brüder und Schwestern“ vor dem Gebet über die Opfergaben bis zum Ende der Messe, mit den unten genannten Ausnahmen.

Sie haben zu sitzen, wenn die Lesungen vor dem Evangelium und der Antwortpsalm vorgetragen werden, bei der Homilie und bei der Bereitung der Gaben zur Darbringung sowie gegebenenfalls nach der Kommunion, wenn das heilige Schweigen gehalten wird.

Sie haben zu knien während der Konsekration, sofern sie nicht aus gesundheitlichen Gründen, wegen des beengten Raumes, einer größeren Anzahl von Anwesenden oder aus anderen vernünftigen Gründen daran gehindert sind. Wer aber zur Konsekration nicht kniet, hat eine tiefe Verneigung zu machen, während der Priester nach der Konsekration eine Kniebeuge macht. Es ist Sache der Bischofskonferenz, die im Ordo Missae beschriebenen Gebärden und Körperhaltungen der Eigenart und den vernünftigen Traditionen des jeweiligen Volkes nach Maßgabe des Rechts anzupassen. Dabei muss jedoch darauf geachtet werden, dass sie dem Sinn und dem Charakter der einzelnen Teile der Feier entsprechen. Wo der Brauch besteht, dass das Volk nach dem Sanctus bis zum Ende des Eucharistischen Hochgebets und vor der Kommunion, wenn der Priester das Seht das Lamm Gottes (Ecce Agnus Dei) spricht, knien bleibt, ist er lobenswerterweise beizubehalten.

Um Einheitlichkeit bei den Gebärden und Körperhaltungen in ein und derselben Feier zu erreichen, haben die Gläubigen den Hinweisen zu folgen, die der Diakon, ein mit einem liturgischen Dienst beauftragter Laie oder der Priester geben, entsprechend dem, was im Messbuch festgelegt ist.

Zur Haltung beim Schlußsegen wird expressis verbis nichts gesagt. Nach dem Ausschlußverfahren kann aber gelten, daß der Segen stehend zu empfangen ist.
Untermauert wird diese Annahme durch eine Anweisung für Messen mit Diakon:

185. Wird das Gebet über das Volk oder eine feierliche Segensformel verwendet, spricht der Diakon: Verneigt euch zum Segen (Inclinate vos ad benedictionem). Wurde der Segen vom Priester erteilt, entlässt der Diakon das Volk ...

... was insgesamt eine stehende Körperhaltung voraussetzen dürfte.

Mittwoch, 9. September 2009

Ohne Krawatte zur Hölle fahren

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Auf Breviarium Pauli macht sich Paul derzeit Gedanken, was man denn so zur Messe trägt. Dazu sind mir einige Höhepunkte aus meinen Tagen bei der Hardcore-Tradition wieder in den Sinn gekommen. In diesem Kontext hat mich, ganz ehrlich, der Artikel auf den ersten Blick dann auch leicht in Schrecken versetzt. Denn Paul zitiert anfangs jene Stelle aus dem Ev. Matthäi, dergemäß ein König einen Gast bei einer Hochzeit höchst unsanft vor die Tür setzt, alldieweil der Gast nicht den passenden Fummel (vulgo: hochzeitliches Kleid) im Gepäck hatte. Und dazu habe ich eine sehr spezielle Erinnerung auf Lager ...

Die Sache verhält sich so: Der "tridentinischen Messe" lief ich erstmals in einer Sedisvakantisten-Kapelle über den Weg. Dort besuchte ich eine ganze Weile diese mich trotz der Erbärmlichkeit der Lokalität faszinierende Liturgie und trat auch irgendwann das Harmonium (mit 12 oder 13 Jahren teils als fortgesetzte Ohrenfolter nach geratenen Quadratnoten). Aber weiter: Nach einer Messe im Sedi-Club schnauzte mich eines Tages ein alter Knacker in fiesester Uoffz-Manier an, wie ich es wagen könne, die heilige Kommunion zu empfangen, ohne mir eine Krawatte (!) umgebunden zu haben, und ob ich noch nie etwas vom Gleichnis mit dem hochzeitlichen Kleid gehört hätte: Ich sollte die Hölle offen sehen und mich mitten drin. "Dann sehn wir uns ja wieder" ... wäre wahrscheinlich die einzig angemessene Erwiderung gewesen. Immerhin war damit der Grundstein gelegt für meinen Argwohn jenen besonders Frommen gegenüber, die jedwedes Bitten und Beten in Gottes Haus kritisch beäugen und den Blockwart geben.

Ein weiteres Erlebnis rührt aus meiner Zeit bei den Piusbrüdern. Dort kreuzte eines Sonntages eine (sonst ganz nette) alte Dame in der Sakristei auf, nachdem sie unter den Messbesucherinnen offenkundig eine femme fatale ausgemacht hatte. Das corpus delicti war ein Leibchen. Dessen Dekolleté mag wohl tolerabel gewesen sein, aber die Schulterpartie ward offenbar etwas zu freizügig umspielt. Nun war das mitten im Sommer und der kapelleske Flachbau schon leicht übertemperiert, doch die alte Dame wußte trotzdem Rat: Zu jeder (Jahres-) Zeit mit Strickjäckchen bewehrt, trug sie dem Priester an, dieses zwecks Schulterverhüllung leihweise zur Verfügung zu stellen. Wenn ich mich recht erinnere, konnte ihr der Priester das Ansinnen ausreden, während ich Frau M. schon sah, wie sie sich hinterrücks mit Strickjacke an die ahnungslose Gläubige ranschlich, um mit gezieltem (Über-) Wurf ein wenig Kirchenzucht zu treiben.

Und dann hätte ich noch jene KJB-Gruppe im Angebot, deren weiblicher Teil eines Tages geschlossen einem orthodoxen Anfall erlag. Das nächste halbe Jahr lief man in vorzugsweise erdfarbenen und herumschlabbernden Pullis und Röcken (echte Feger, aber nicht heiß) plus passendem Kopftuch als Jungfrauenzier der Gemeinde auf: Grunge für Tradis sozusagen. Im Vergleich dazu hätte sogar die tütteligste Oma aus Kasachstan bei Heidi Klums Modelshow noch den ersten Preis abgeräumt. Also Mädels: Warum nicht gleich eine Burka? Einen Alternativvorschlag für modebewußtes und traditionskorrektes Auftreten fand ich übrigens in der Sammlung eines Bekannten: hier (man beachte die hochgeschlossene Form, die Kapuze als Schleier- ... äh Kopftuchersatz und das hochjungfräuliche Kettchen im Haar).

Soweit die Anekdötlein. Und was soll man jetzt zur Kirche anziehen? Was immer man mag, sofern es zur Würde der Feier paßt. Das kann übrigens auch der ölverschmierte Blaumann sein oder die rissige Arbeitshose, wenn der Handwerker vor oder nach der Arbeit noch zur Messe kommt. Und meinetwegen auch der Schlabberrock, der Schlabberpulli, das Omakopftuch oder eine Burka. Oder eben eine ordentliche Jeans und ein ansehnliches T-Shirt, zumal man für anständige casual wear heute oft mehr Knete über die Theke schieben muß als für ein altbacken Hemdlein. Es gibt meines Wissens keine Vorschrift, daß Katholiken immer ewig vorgestrig aus der Wäsche schauen müssen (wenngleich ich meinesteils sicher kein trendsetter bin).

Es mag sein, daß ich, einerseits bockig ob des Verhaltens diverser besonders Frommer, andererseits abgehärtet durch die ästhethische Vergewaltigung mittels Schlabberlook, der ganzen Frage zwischenzeitlich mit einem gewissen Laissez-faire begegne. Doch etwas sollte wohl keinesfalls vernachlässigt werden: jenes bestimmte "hochzeitliche Gewand" ... aber das trägt man nicht am Leib, das trägt man um die Seele, auch ohne Krawatte.

Dienstag, 8. September 2009

Führe ALLE Seelen in den Himmel - zu Mariä Geburt

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Im Schlußgebet der Messe zum heutigen Festtag der Geburt Mariens heißt es unter anderem:

Erfülle uns mit Freude am Geburtsfest der seligen Jungfrau Maria,
denn sie ist die Morgenröte des Heiles
und das Zeichen der Hoffnung für die ganze Welt.

"Hoffnung für die ganze Welt" ... Ich kratz' jetzt mal eine recht heftige Kurve zu einem anderen Gebet, das mir in den vergangenen Tagen öfter durch den Kopf gegangen ist. Die meisten dürften es vom Rosenkranz her kennen:

O mein Jesus, verzeih' uns unsere Sünden.
Bewahre uns vor dem Feuer der Hölle!
Führe alle Seelen in den Himmel,
besonders jene,
die Deiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen.


Maria - die Hoffnung für die ganze Welt - hat dieses Gebet in Fatima den Betern ans Herz gelegt. Es klingt fast wie eine Reihe von Stoßgebeten und hat einen sehr drängenden Gestus, der durch die prägnante Kürze noch unterstrichen wird. Ich glaube ... besser müßte man wohl sagen: ich fürchte, es ist ein Gebet, daß vor allem die große religiöse Entfremdung der Menschen im 20. Jahrhundert und der Gegenwart in den Blick der Betenden rückt.

In den ersten beiden Zeilen scheinen die Beter unter sich zu bleiben: "verzeih' uns" ... "bewahre uns" ... doch die Worte stehen darüber hinaus sicher auch stellvertretend für die ganze Menschheit, alldieweil sich das Gebet zu einer inständigen Fürbitte für die ganze Welt weitet: "Führe alle Seelen in den Himmel". Nebenbei: Beim gemeinschaftlichen Gebet liegt die Betonung meist, dem Sprechrhythmus folgend, auf "Seelen". Doch der drängende Gestus der Worte legt nahe, daß die Betonung auf "alle" liegen sollte: "Führe alle Seelen in den Himmel". Für diese Variante spricht auch, daß das Kollektiv ausdifferenziert wird: "vor allem jene, die Deiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen".

Und damit sind wir mitten in unserer Zeit: Wieviele Menschen können wir nur der Barmherzigkeit Gottes anvertrauen? Bis hinein in die eigene Familie, bis hinein in den Freudeskreis? Menschen, in deren Leben Gott keinen Platz hat - und die doch zu gut scheinen für die ewige Trennung von Gott. Ich denke, jeder kennt diese Art von "anständigem Kerl" und "guter Freundin", der oder die aber nach allen Regeln des Glaubens und der Kirche eher in der Hölle als im Himmel landen müßte: Weil er oder sie das Leben zum Beispiel fortgesetzt im Zustand diverser schwerer Sünden über die Runden bringt und auf alle Religion pfeift. Schreitet man sodann aus dem persönlichen Kreis heraus, dann ließe auch ein Blick auf die säkulare Gesellschaft Schlimmes ahnen - liest man quer dazu auch nur die Minimalregeln für ein christliches Leben, das sich eben nicht allein in säkularem Gutmenschentum verwirklicht.

Das alles soll jetzt nicht heißen, daß wir uns irgendwie besser, sicherer, frömmer, heiliger als unsere Zeitgenossen sehen dürfen: Es mag seinen Grund haben, warum im Fatimagebet - Stellvertretung hin oder her - zuerst expressis verbis von "uns" die Rede ist, denen verziehen und denen die Verdammnis erspart werden solle, ehe sich das Gebet auf die Welt weitet.

Doch vielleicht ist dieses Gebet, das wir nicht selten nach den Rosenkranzgesätzen eher herleiern als ernst nehmen und von dem ein Priester mir gegenüber einmal meinte, er wolle diesen "Rattenschwanz" im Rosenkranz nicht (eine Bekundung, die auch wieder irgendwie zu unserer Zeit paßt), also vielleicht ist dieses Gebet auch jener Anker, den Maria, die "Hoffnung für die ganze Welt", uns in diesen Tagen und für diese Tage zuwirft, damit erfüllt werde, um was wir beten sollen:

Führe alle Seelen in den Himmel,
besonders jene,
die Deiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen.
Amen.
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Sonntag, 6. September 2009

Verhaltensregel

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Noch ein kleiner Nachtrag zum gestrigen Fernsehabend mit Alt-Heidelberg ...

Im Kino und in der Glotze läßt sich - was sag' ich Neues? - jede Menge Herz-Schmerz-Schmonz mit Techtelmechtel beschauen. Eine ordentliche Portion Lokalkolorit wird selbstverständlich reingerührt, und wenn sich die Handlung einem emotionalen Höhepunkt nähert, fängt eine landestypisch bunt gekleidete Statisterie gerne relativ unvermittelt zu singen und zu tanzen an ...

Im Wissen um den Satz, daß es im falschen Leben kein echtes geben könne, rümpfen wir Menschenkinder über solche Banalitäten im Vollbesitz unserer Selbstverständlichkeit die Nase. Solange die Banalität jedenfalls unter dem Etikett "Deutscher Heimatfilm" daherkommt. Handelt es sich hingegen um indisches Kino, dann bewundern wir die Kreativität Bollywoods, wenn beim Herz-Schmerz-Schmonz mit Techtelmechtel eine landestypisch bunt gekleidete Statisterie bei emotionalen Höhepunkten relativ unvermittelt zu singen und zu tanzen anfängt ... das Multikulturelle darf nie trivial scheinen.

Mittwoch, 2. September 2009

Anarchismus, Tod und "leichte Erde"

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Auf einer radikal linken Seite fand ich heute diesen Nachruf auf einen Anarchisten. Ich hatte zuvor von diesem Horst Stowasser noch nie etwas gehört. Ein Buch aus seiner Feder soll einige Menschen zum Anarchismus gebracht haben, ansonsten scheint er auf seine Weise ein ganz netter Kerl gewesen zu sein, und unter anderen Vorzeichen als jenen des Todes würde ich jetzt vielleicht anmerken, daß es immer das Übelste sei, wenn die Gottlosigkeit als sympathischer Kumpel daherkommt. Hier und heute gelte aber: De mortuis nil nisi bene.
Wobei ich Gutes in originärem Sinne nicht zutragen kann, da mir Horst Stowasser unbekannt war. Wenn man dem Nachruf glauben darf, dann scheint es zumindest kein brutaler Anarcho-Dogmatiker gewesen zu sein.

Aufgefallen ist mir der abschließende Wunsch der Verfasser: "Die Erde möge ihm leicht sein". Ich glaube, ich habe das schon mal im Kontext freidenkerischer / atheistischer Trauer gelesen: "Die Erde möge ihm leicht sein". Warum? Mit "ihm" ist es doch ganz und gar zu Ende gegangen. Warum einem leblosen Leib, nur noch dem Verfall anheimgegeben, eine leichte Erde wünschen? Da ist nichts mehr, da wird nichts mehr sein, alles ist verschlungen im Tod, dahin jeder Lebensfunken, jede Seelenregung. Was hat der Tote mehr von solchem Wunsch als nur eine hohle Phrase, von der er ohnehin nichts mehr mitbekommt? Was haben die Trauernden davon, da sie doch zu wissen glauben, daß mit dem Tod alles aus sei?

Ich wünsche Horst Stowasser, daß jener Gott, dessen Herrschaft er in seinem Leben wahrscheinlich geleugnet hat, den er nicht kennen wollte und vielleicht auch nicht kennen konnte, ihm nun als gnädiger Richter und liebender Erlöser begegne. Die Erde mag ihm meinethalben schwer werden, seine Seele aber möge in Frieden fahren. r.i.p.