Donnerstag, 30. Juli 2009

Kurz zwischendurch ...

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... einen Gruß aus einem Internetcafé, da daheim mein Internet nicht läuft. In aller Kürze: Am vergangenen Samstag hatte ich eine anregende Begegnung mit der netten Urheberin des Blogs Pange lingua, die es nach Freiburg verschlagen hatte, alldieweil dort eine Nightfever-Veranstaltung in St. Martin stattfand. Und gestern machte ich mich für einen Tag gen Beuron auf die Socken, um benediktinischem Geist nachzuspüren, den eigenen Lebensladen wieder etwas in Ordnung zu bringen und ein wenig Gottes schöne Natur im oberen Donautal zu bestaunen. Mehr dazu, vor allem Bilder, gibts hoffentlich in Kürze ...

Sonntag, 19. Juli 2009

... laß es allen gereichen zum Heil!

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Auch heute ging's nachmittags wieder nach Basel zum "Orgel schlagen" - der siebte Sonntag nach Pfingsten hat einen recht knackigen Introitus (Omnes gentes plaudite manibus - Ihr Völker alle, schlagt in die Hände) und vor allem ein sehr schönes Gebet über die Opfergaben:

Gott, den vielfachen Opfern des alten Gesetzes hast Du in dem einen vollkommenen
Opfer ihre Erfüllung geben. Nimm an das Opfer Deiner getreuen Diener und heilige
es mit gleichem Segen wie einst die Opfergaben Abels.

Und was einjeder zur Ehre Deiner Majestät dargebracht hat, laß es allen gereichen zum Heil.

Ferner stattete an diesem Sonntag der Generalvikar des Instituts Christus König und Hoherpriester, der Hochwürdigste Monsignore Michael Schmitz, dem Basler Apostolat einen Besuch ab. Ausgehend vom Evangelium (Matth. 7) mit den Wölfen im Schafspelz, dem miesen Baum mit seinem faulen Ertrag und den Früchten, an denen man so manches erkennen könne, schlug er in der Predigt einen Bogen durch den Glauben und die Tradition der Kirche. Er ging etwa auf modernes Theologengesülze (das sind jetzt meine Worte) ein, welches das Gebetsleben eher untermininiert als bereichert. Das progressive Gewäsch, das man sich dabei denken mag, und dessen Früchte kommen mir tatsächlich irgendwie bekannt vor ... und ich will damit keineswegs mit dem Finger auf andere zeigen.


Meine Lieblingsorgel war auch an diesem Sonntag leider wieder wetterfühlig und nicht immer ganz zuverlässig, aber ich würde sie gegen keinen Neubau eintauschen wollen. Die Dame hat einfach Charakter ...

Auf jeden Fall ...

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Neulich habe ich wieder einmal den vierteljährlichen Gemeindebrief meiner evangelischen Nachbarkirche in die Hände bekommen. Eine Seite davon hat der Pfarrer dem Thema "Aussegnung" reserviert. Er meint damit nicht die Trauerfeier in der Leichenhalle nach dem Tod eines Menschen, sondern einen Segen, den der Pfarrer den Sterbenden spendet - cum grano salis also das protestantische Gegenstück zum Sakrament der Krankensalbung, früher letzte Ölung genannt.

Der Pfarrer ruft seiner Gemeinde die "Aussegnung" in Erinnerung und lädt ein, den Pfarrer zu rufen, "bereits beim leisen Verdacht, ein geliebter Mensch könnte sterben". Natürlich wird lang und breit betont, wie sinnvoll dieser Segen den Angehörigen am Beginn der Trauer sein kann, so daß fast ein wenig der Eindruck entsteht, hinter dem Ritual stecke kaum mehr als Psychotherapie. Ganz zuletzt hat mich aber ein Passus aufmerken lassen:

"Ist der Tod bereits eingetreten, egal ob im Krankenhaus, zu Hause oder an einem anderen Ort, empfehlen wir die Aussegnung in jedem Fall". Hier scheint es um weit mehr zu gehen, als Angehörige zu betrösten, sondern um "Seel-sorge": über der Schwelle des Todes soll kein Mensch ohne Zuspruch von Gnade bleiben - "in jedem Fall".

Das sollte man auch einem Klerus ins Stammbuch schreiben, der die "Krankensalbung" gerne "auf Vorrat" spendet, selbst wenn die Empfänger putzmunter sind.

Samstag, 18. Juli 2009

Es lebe das geheime Deutschland!

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Heute vor einer Woche war ich, wie bereits angedeutet, zu Gast auf einem Symposion im Offiziersheim der Graf-Stauffenberg-Kaserne in Sigmaringen: "Es lebe das geheime Deutschland! - Claus Schenk Graf von Stauffenberg - Person, Tat, Rezeption". Mit dem Titel ist die Vielfalt der gebotenen Referate ganz gut umrissen. Ein Beitrag hatte mich ganz besonders interessiert. Br. Jakobus Kaffanke O.S.B, ein der Beuroner Benediktinerabtei zugehöriger Einsiedler, stellte "Die religiöse Entwicklung von Claus Schenk Graf von Stauffenberg" dar. Für den Benediktiner gehört die "religiöse Sozialisation innerhalb der katholischen Kirche" zu jenen wichtigen Beweggründen, die in den Widerstand des 20. Juli und damit 1944 zur Operation "Walküre" samt Attentat auf Hitler mündeten.


Manches aus dem Referat läßt sich en passent in der Stauffenberg-Biographie von Peter Hoffmann nachlesen. Hier einige Hinweise auf Stauffenbergs Religiosität:

  • Religion gehörte bei den Stauffenbergs zum Alltag, entsprechend wurden die Kinder erzogen. Vom kleinen Claus sind einige kindliche Sätze zu Glaubensthemen überliefert.

  • Als Wehrmachtsangehöriger (heute würde man Zeitsoldat sagen) besuchte er Garnisonsgottesdienste und Kirchen, trug ferner ein Kreuz um den Hals.

  • Er heiratete kirchlich und ließ seine Kinder katholisch taufen.

Kaffanke O.S.B. sieht darin Belege, daß Stauffenberg in "natürlicher und selbstverständlicher Weise seinen Glauben gelebt hat" und sieht im Leben des Widerstandkämpfers nicht nur ein eingehendes Interesse an sozialen und geschichtlichen, sondern auch an religiösen Zusammenhängen. Interessant sind zudem vor allem einige Daten aus der unmittelbaren Zeit vor der Operation Walküre.

  • So suchte Stauffenberg 1944 nicht nur Hitler auf dessen Berghof auf dem Obersalzberg auf, sondern nahm bei dieser Gelegenheit auch an der Fronleichnamsprozession in Berchtesgaden teil.

  • Im Juli 1944 suchte Stauffenberg den Berliner Bischof Konrad Graf von Preysing auf. Dieser konnte ihm für sein Vorhaben zwar nicht "den Segen der Kirche", aber zumindest "seinen persönlichen Segen" geben.

  • Stauffenberg begründete seinen Handlungsspielraum mit dem Satz, es bliebe ihm nur noch "der Mord aus christlicher Verantwortung".

  • Am Abend vor dem Hitler-Attentat ließ Stauffenberg vor einer Kirche in Dahlem seinen Wagen anhalten. Er hielt sich eine Weile in der Kirche auf, in der soeben Andacht gehalten wurde, und setzte darauf seine Fahrt fort.

Franz Halder, Generaloberst der Wehrmacht bis 1942 und Gegner von Hitler, bezeichnete Stauffenberg übrigens als eine "tief in der Verantwortung vor Gott verwurzelte Herrennatur".

In einem zweiten Teil versuchte Kaffanke O.S.B., den "Mythos des geheimen Deutschland", welchen Stauffenberg aus der engen Bindung an Stefan George und dessen Kreis als Erbe mit ins Leben genommen hatte, auch als ein "religiöses Grundmuster" zu deuten. Dieser Versuch schien mir gescheitert, auch, weil der Referent sich für meinen Geschmack zu sehr in ein nebulöses Theologendeutsch flüchtete.

Montag, 13. Juli 2009

Damit wenigstens etwas übrigbleibt

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Gerade habe ich gelesen, daß die Kirche St. Christopherus in Essen-Kray zum Archiv des Bistums umgewidmet werden soll. Das kann man fast als Lichtblick sehen, denn ehe Essen zu des Abrißbaggers liebstem Bistum mutiert, ist es immer noch besser, die Hinterlassenschaften der Kirche in einem ehemaligen Gotteshaus zu hüten. So bleibt wenigstens etwas von ... der Kirche ... erhalten.

Sonntag, 12. Juli 2009

Kostet und seht: Säkulare Kekskommunion

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Heute, am sechsten Sonntag nach Pfingsten, rückte ich wieder nach Basel aus. Dort schlage ich hin und wieder bei einer Messe in der außerordentlichen Form des römischen Ritus die Orgel. Sie wird, samt Placet vom Bischof, sonntags um 17 Uhr in der Kirche St. Joseph von Priestern des Instituts Christus König und Hoherpriester gefeiert; eine halbe Stunde vorher gibt es zudem Aussetzung samt Segen. Die Orgel ist, da es sich bei St. Joseph um eine recht raumgreifende Kirche handelt, ein großzügig bemessenes Instrument - eine Grande Dame der Spätromantik, erbaut 1904 von der Orgelbaufirma Kuhn in Männedorf. Sie hat mit nur wenigen Veränderungen die Zeitläufe überstanden, das röhrenpneumatische System inbegriffen, welches bei Tastendruck des Organisten die Pfeifen zum Klingen bringt. Leider ist diese Technik bei ungünstiger Witterung manchmal etwas störanfällig. Heute war Madame besonders wetterfühlig: einzelne Töne flöteten, schnurrten, knarzten und sangen auch dann weiter, wann sie eigentlich wieder hätten verstummen sollen. Aber so einem schönen Instrument sieht man gelegentliche Schrullen gerne nach, auch wenn diese den Organisten ein wenig ins Schwitzen bringen.

Auf dem Heimweg entdeckte ich das obige Werbeplakat. Was auf den ersten Blick wie eine Kampagne zur Rückbesinnung auf die Mundkommunion daherkommt (zumindest für einen kurz zuvor der "alten" Messe entlaufenen Katholiken), das entpuppte sich bei genauerem Hingucken als banale Ökokeks-Propaganda.

Den verantwortlichen Werbefuzzis würde ich keineswegs tiefere theologische Absichten zusprechen wollen. Eigentlich haben sie nicht mal ihren ureigenen Job richtig gut gemacht, denn Bild und Botschaft brechen auseinander: Wer keksmäßig zur "Sünde" verführen will, der sollte entweder das passende Personal anheuern oder auf das entsprechende Ambiente setzen, aber nicht den Unterarm vom Christkindl samt lightshow ins Bild rücken. Brüche zwischen Zeichen und Inhalt können sich meinetwegen die süßen Weihnachtstierchen aus Southpark leisten. Was dort herrlich dämlich ist, ist hier allerdings peinlich unbedacht zusammen- und an die Wand gekleistert.

Dennoch hat das Plakat seinen Wert. Es legt Auge, Geist und Gemüt nämlich nahe, daß sich der Genuß von so etwas ungemein Wertvollem wie einem wundersamen Ökokeks von anderen Crackern fundamental unterscheidet. Deswegen ist neben dem Kerl auf dem Plakat auch nicht irgendeine banale Schale mit Ökokeksen zwecks pfotiger Selbstbedienung zu sehen - nein, diesen Keks bekommt man geschenkt und gespendet, direkt in den Mund von himmlischer Hand: So kostbar die Speise, so himmlisch die Vorfreude, so außergewöhnlich der Genuß, so heilsam ("gesund") der Verzehr ... non mittendus canibus. An so etwas vergreift man sich nicht einfach und putzt es achtlos runter.

Vielleicht sollten sich unsere Bischöfe mal Gedanken darüber machen, warum Werbefuzzis einen drögen Cracker mit Hilfe eines solchen Bildes quasi als heil'ge Leib- und Seelenspeise inszenieren und den Keksnutz damit ins vermeintlich Unermeßliche steigern. Derweil die heilige Kommunion in unseren Kirchen oft wie ein Muster ohne Wert unters Volk gebracht wird.

"Kostet und seht, wie gut der Herr". Die Einladung, zu oft von Zelebranten vor der Spendung der heiligen Kommunion dahergeleiert, ist keineswegs als slogan für eine Warenprobe auf dem Mist eines Werbetexters gewachsen, sondern ist - durch den Psalmisten überantwortetes - Wort Gottes. Es ist eine (Auf-) Forderung, die mehr beinhaltet, als nur zum Altar zu traben und sich ein Stück Brot abzuholen. Denn unter der Gestalt des Brotes empfangen wir Christi Leib, den Herrn selbst.

Samstag, 11. Juli 2009

Sigmaringen schlägt Genf

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Gestern hatte Johannes Calvin Geburtstag, gruftige 500 Jahre immerhin, und ich hatte mir - kein Witz - überlegt, ob ich das hier auch irgendwie abfeiern soll. Na ja, Calvin so halbwegs sei Dank gibt's den sogenannten "Genfer Psalter" und einige hübsche Melodien dazu, die sich auch im katholischen Raum eingebürgert haben, zum Beispiel mit dem Lied Mein ganzes Herz erhebet Dich. Andererseits hat der Typ seine "reine Lehre" in die Kirchen reingeschmissen und die Orgeln rausgeworfen, reichlich radikal mitsamt sämtlich anderem Inventar (Altäre, Bilder, Kerzen), weswegen sich im Vergleich jede halbwegs anständige lutherische Kirche zum stilechten Calvinismus wie der Petersdom zu einer Bauhaus-Hütte ausnimmt (selbst den Calvinisten war die vermeintlich gottgewollte Beödung auf Dauer zu langweilig, weswegen sie die Orgel später rehabilitiert haben und für ein wenig Deko sorgten). Letztendlich hatte ich mich beschieden, Calvin klein sein zu lassen. So dolle ist der "Genfer Psalter" nun auch wieder nicht, als daß ich deswegen dem Reformationsbruder von Herzen halbgarstig Happy Birthday plärre.

Jetzt war ich aber heute anlässlich eines Stauffenberg-Symposiums (dazu in den nächsten Tagen vielleicht noch mehr) in der nach diesem gut katholisch-nationalkonservativen Widerstandskämpfer benannten Kaserne in Sigmaringen und stattete danach noch der Kirche vor Ort einen Besuch ab - schließlich denkt der gute Katholik in Robbie's own country in Sachen Sigmaringen an den heiligen Fidelis. Über diesen Fidelis von Sigmaringen wußte ich bislang eigentlich en detail wenig. Seit heute weiß ich nun, daß der Kapuzinerpater bei Bekehrungsversuchen in der Schweiz 1622 von reformierten Bauern erschlagen wurde - das elende Hickhack im Zeitalter der Konfessionalisierung halt. Na ja, wahrscheinlich waren es eher zwinglimäßig animierte Bauern, die dem armen Fidelis die Rübe eingehauen haben, aber das tun wir mal als zu vernachlässigende Größe ab. Dem Zwingli, dem Calvin (oder dem Bullinger, dem Ökolampad und wie das ganze helvetische Reformatorengesinde sonst noch so heißt) stelle ich also hiermit frank und frei den heiligen Fidelis gegenüber - und da soll sich der Calvin gefälligst geschmeichelt fühlen, find' ich zumindest (soweit diese "Geburtstagswürdigung" samt Arschkarte für den Jubilar, aber secundum Bittlinger darf Ökumene auch gerne mal hinterfotzig sein).

O Sankt Fidelis, Gottesmann, wir rufen dich als Fürsprech an,
bitt Gott für uns am Throne,
daß Er durch deine Heiligkeit auch unser Leben weist und weiht,
uns reicht dereinst die Krone.
(fünfte Strophe des Fidelisliedes)

Die Bilder zeigen zum einen das Deckenfresko im Langhaus der Sigmaringer Kirche St. Johannes mit der Apotheose des heiligen Fidelis, zum anderen den Fidelisaltar dieser Kirche, der ein Armreliquiar und die Wiege birgt, in welcher der Heilige einst gelegen haben soll. B
is heute werden Kinder, wie ich las, bei der Taufe kurz in diese Wiege gelegt.

Nun ja, das mit der Fidelis-Wiege ... ich weiß ja nicht. Da möchte ich doch fast mal Luthers Abendmahlslehre auf das Möbel anwenden: Sofern der Mensch nur recht feste dran glaubt, dann wird das Bröt... äh Bettchen tatsächlich zur Wiege des heiligen Fidelis und sorgt für jenen gnadenhaften Gunsterweis, dessen sich der rechte Katholik sonst nur bei authentischen Sakramentalien sicher ist ... soweit mein heutiger Beitrag zur ökumenischen Vergeschwisterdings.

Nachtrag: Zum Fidelisfest am 24. April war anno Domini 2006 Kardinal Lehmann vor Ort. Den hätte ich tendenziell eigentlich eher auf Calvins Geburtstagsparty vermutet ...

Lob und Dank zur Nacht

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In der Frühe des neuen (und zum passenden Beschluß des vergangenen) Tages noch eine weitere englische Hymne, diesmal The day thou gavest, Lord is ended. Hier schrieb John F. Ellerton den Text und Clement Cotterill Scholefield die Melodie (leider ist auf diesem Video nur die erste, zweite und fünfte Strophe zu hören) . Die schöne deutsche Übersetzung ist im evangelischen Gesangbuch zu finden ... und soweit ich die Planungen für das neue Gotteslob recht überblicken kann, soll es auch dort Eingang finden, derweil es im noch relativ jungen katholischen Kirchengesangbuch der Schweiz - als ein Lichtblick neu hinzugekommenen Liedguts - bereits enthalten ist:

1. Der Tag, mein Gott, ist nun vergangen
und wird vom Dunkel überweht.
Am Morgen hast Du Lob empfangen,
zu Dir steigt unser Nachtgebet.

2. Die Erde rollt dem Tag entgegen;
wir ruhen aus in dieser Nacht
und danken Dir, wenn wir uns legen,
daß Deine Kirche immer wacht.

3. Denn unermüdlich, wie der Schimmer
des Morgens um die Erde geht,
ist immer ein Gebet und immer
ein Loblied wach, das vor dir steht.

4. Die Sonne, die uns sinkt, bringt drüben
den Menschen überm Meer das Licht:
und immer wird ein Mund sich üben,
der Dank für Deine Taten spricht.

5. So sei es, Herr: die Reiche fallen,
Dein Thron allein wird nicht zerstört.
Dein Reich besteht und wächst, bis allen
Dein großer, neuer Tag gehört.

Freitag, 10. Juli 2009

Lectio

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Aus dem Buch Ezechiel, dem 37. Kapitel:

Da senkte sich die Hand des Herrn auf mich.
Im Geiste führte mich der Herr hinaus
und brachte mich in eine Ebene, die voller Gebeine war.

Er ließ mich ringsum sie betrachten
und sehr viele lagen auf der Ebene.
Sie waren völlig ausgetrocknet.

Er sprach zu mir:
Menschensohn!

Sollten diese Gebeine abermals lebendig werden können?
Ich sprach: Herr, Herr, das weißt nur du.

Er sprach zu mir:
So prophezeie über die Gebeine und sprich zu ihnen:
Ihr ausgetrockneten Gebeine, vernehmt das Wort des Herrn!

So spricht der Herr,
der Herr,
zu den Gebeinen:

Ich bringe zur Belebung Geist in euch
und Sehnen lege ich auf euch
und lasse drüber Fleisch verwachsen
und überziehe euch mit Haut
und bringe zur Belebung Geist in euch,
daß ihr erfahret,
daß der Herr ich bin.

Da prophezeite ich, wie mir befohlen ward.
Und als ich prophezeite, gab es ein Getöse und die Gebeine rückten,
eins an andere.

Ich sah's.
Da kamen Sehnen dran und Fleisch wuchs drüber her.
Dann spannte Haut sich oben drüber.

Noch aber war kein Geist in ihnen.

Er sprach zu mir:
Weissage von dem Geiste!
Weissage, Menschensohn, und sprich zum Geiste:

So spricht der Herr,
der Herr:
Herbei von den vier Winden komme, Geist!
Anhauche diese Toten,daß sie lebend werden!
Ich prophezeite so, wie er mir anbefohlen.

Da kam der Geist in sie.
Sie wurden abermals lebendig und stellten sich auf ihre Füße,
ein großer, großer Haufen.

Er sprach zu mir:
Menschensohn!
Das ganze Haus von Israel bedeuten die Gebeine;
sie sind es, die gesprochen:
Fleischlos sind unsere Gebeine
und unsere Hoffnung ist dahin
und unser Lebensfaden ist zerschnitten.

Drum weissage und sprich zu ihnen:
So spricht der Herr,
der Herr:

Ich öffne eure Gräber und lasse euch, mein Volk,
aus euren Gräbern steigen
und führe euch ins Land von Israel.

Dann werdet ihr erkennen, daß der Herr ich bin,
wenn ich euch eure Gräber öffne
und euch aus diesen Gräbern steigen lasse.

Ich senke meinen Geist in euch,
daß ihr lebendig werdet und ihr erfahret,
daß ich selbst,
der Herr,
das tue, was ich versprochen habe.

Donnerstag, 9. Juli 2009

Guide me ...

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Seit ich mal in England war, habe ich eine Schwäche für anglikanische Hymnen. Selbst im katholischen Bereich gibt es nicht allzu viele Kirchenlieder, die mit dieser gehäuften Mischung aus Schwung, Pathos (im Sinne brennender Leidenschaft!) und Glaubensinbrunst wirklich mithalten können: Ein Haus voll Glorie schauet erweckt etwa ähnliche Glücksgefühle. Oder der Marienhit Wunderschön prächtige. Bei den Briten hat es mir Guide me, o thou great Redeemer besonders angetan. Den Text schrieb W. Williams, die Melodie dazu erfand John Hughes und gesungen klingt die Hymne beispielsweise so.
Vor gut einem Jahr habe ich mich vom Originaltext aus an eine freie deutsche Version gewagt, ergänzt um eine vierte Strophe:

Führe, lenke, großer Erlöser, / meinen Schritt durch Wüstenland. /
Bin ich schwach, bist Du doch mächtig, / leite mich mit starker Hand. /
Brot vom Himmel, / Brot vom Himmel,
stärk’ mich jetzt und allezeit. /
Stärk’ mich jetzt und allezeit!

2. Lass’ aus Fels und Stein die Quelle / sprudeln, die mir Heilung bringt. /
Scheine mir als Feuersäule, / dass mein Mut empor sich schwingt. /
Treuer Hüter, / treuer Hüter, /
sei Du Stärke mir und Schild. /
Sei Du Stärke mir und Schild!

3. Tret’ ich einst an Jordans Gestade, / nimm all’ Angst, all’ Furcht von mir. /
Mag der Tod, selbst Teufel toben, / Deinem Sieg vertrau’ ich hier. /
Licht vom Lichte, / Licht vom Lichte, /
brich mir an in neuem Tag! /
Brich mir an in neuem Tag!

4. Lass’ mich schaun’ in heil’gem Strahlen / ewig Dein Jerusalem. /
Hebe Deinem Volk die Tore, / dass sie weit und offen stehn. /
Preis und Ehre, / Preis und Ehre, /
steig’ empor zu Deinem Thron, /
steig’ empor zu Deinem Thron.

Domine Jesu Christe, Rex gloriae

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Gott tut ja heute allerhand, vor allem in den Schlußformeln der Tagesgebete durchschnittsdeutscher Eucharistiefeiern: Jesus ist der, der "lebt und Leben schenkt", "lebt und liebt", "lebt und waltet" oder - schlimmstenfalls - "lebt und wirkt" (also das, was ich mir erhoffe, wenn ich eine Kopfschmerztablette einwerfe). Alles mehr oder minder nette Formulierungen, zweifelsohne auch bedenkenswert, aber qui vivit et regnat heißt nunmal "der lebt und herrscht". "Herrschen" aber ist out: das kann man dem mündigen Kirchenvolk nicht zumuten, gleich garnicht den Frauen, überhaupt nicht einigen von "heiliger Geistkraft" heimgesuchten TheologInnen, die auch für die Trinität eine Quotenregel brauchen (mehr Geschlechtergerechtigkeit wäre freilich zu erzielen, wenn man den Vater, den Sohn und, meinetwegen, die "heilige Geistkraft" mittels gender mainstreaming ins Himmelreich politischer Korrektheit verfrachten würde). Aber zurück zum Thema ...
Dem obigen Relief lief ich vor einiger Zeit in einer Seitenkapelle in der Basler Kirche St. Joseph über den Weg: Christus als Herrscher, Richter und König. Christus als machtvoller Erlöser. Christus als Befreier der Seelen der Verstorbenen. Das Relief veranschaulicht, was früher in jeder Seelenmesse zum Offertorium gesungen oder zumindest gebetet wurde, ehe der Text faktisch auf der Müllhalde des Konzils landete:


Domine Jesu Christe, Rex gloriae ... "Herr Jesus Christus, König der Herrlichkeit, befreie die Seelen aller im Glauben Verstorbenen von den Strafen der Unterwelt".


Eindrückliche Dräuung wird hernach beschworen: Die tiefe See, der Rachen des Löwen. Der Tartarus möge die Seelen nicht "absorbieren", sie mögen nicht in die Dämmerung stürzen. Doch wo Gefahr droht, wächst das Rettende auch ...


Sed signifer sanctus Michael repraesentat eas in lucem sanctam ... "Vielmehr führe sie Sankt Michael, der Bannerträger, in das heilige Licht, das Du Abraham und seinem Samen verheißen hast" ... In der Requiem-Vertonung des spanischen Renaissance-Komponisten Tomás Luis de Victoria kratzt der Chor bei der Stelle in lucem sanctam übrigens eine harmonisch interessante Kurve, die mich immer wie ein besonderer Einbruch der Transzendenz ebenso in das musikalische Geschehen wie in das Erlösungsdrama anmutet.


Erlösungsdrama? Richtig! Aber in diesem Drama steht uns zum Glück ein "Herrscher" zur Seite, und nicht nur ein lieb-waltender Kuscheljesus mit Kopfschmerzpillenattitüde ...

Lebendig tot?

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Das Leben als Pensionär kann ziemlich popelig sein. Vor allem für 75-jährige katholische Priester in der Schweiz - ab und zu eine Aushilfe hier, ab und zu eine Messe da, selber "gestalten" läßt sich dabei wahrscheinlich groß nix, denn schließlich sind Priester in nicht wenigen eidgenössischen Pfarreien zur Messe zwischenzeitlich nur noch die Handlanger der Gemeindeleiterlaien und dürfen kaum mehr als über das "heilige Brot" den "Einsetzungsbericht" deklamieren.

So stellt man sich zumindest das Leben eines pensionierten Hochwürden in Buochs (Kanton Nidwalden) vor, der behäbig durch die verbliebenen Tage seines Lebens dappert. Die Zufriedenheitskurve geht eher nach unten, scheint's ...


Abwechslungshalber hat der Geistliche kürzlich an einem Sonntag seinen eigenen Beerdigungsgottesdienst gefeiert, mit Sarg, mit Kerzen, und beinahe auch mit Todesanzeigen, deren Veröffentlichung die Presse allerdings ablehnte. Was den Pfarrer dazu trieb, wird nicht ganz klar. In einem auch auf Youtube zu findenden Interview ist mal die Rede davon, daß der Tod heute zu sehr verdrängt würde (der große metaphysische Hintergedanke also), dann läßt Hochwürden aber durchblicken, daß er nichts davon hat, wenn sich erst um seinen Sarg die Menschen in größerer Zahl versammeln (was eher nach zunehmender Vereinsamung klingt).

Überhaupt, der Mann hinterläßt einen zweispältigen Eindruck: irgendwo scheint er zwischen Vaticanum-II-Revoluzzer und müder Verweltlichung stecken geblieben zu sein und findet nicht mehr heraus. Auf die Frage, ob er sich heute nochmals für das Priestertum entscheiden würde, kann sich Hochwürden auch vorstellen, gegebenenfalls Pastoralassistent zu werden. Ein Rückblick auf ein erfülltes Lebenswerk klingt irgendwie anders. Irgendwie tut mir der Mann leid ... das Youtube-Video findet sich hier.


Nachtrag: Vor Ort wird der Geistliche auch als "Halleluja-Pfarrer" gehandelt ...

Obersimonswald

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Ein Ausflug führte mich vor kurzem ins sogenannte Zweitälerland nach Obersimonswald - eigentliches Ziel war die Orgel in der Kirche St. Joseph, an deren Restaurierung ich vor gut und gern zwanzig Jahren beteiligt war ... damals als Praktikant bei einem Orgelbaumeister. Leider hat mein handwerkliches Können dann doch nicht gereicht, um in solche Fußstapfen zu treten.

Es handelt sich um ein Musterexemplar einer romantischen Kegelladen-Dorforgel mit vielen Grundstimmen, die 1890 durch den Waldkircher Orgelbauer Anton Kiene geliefert wurde. Die Disposition:

> Manual: Prinzipal 8’ - Bourdon 8' - Gamba 8' - Salicional 8' - Aeoline 8' - Oktav 4' - Hohlflöte 4' - Mixtur 2 2/3' > Pedal: Subbass 16’ - Oktavbass 8’ > Spielhilfen: Kollektivtritte: Forte, Tutti - Pedalkoppel als Tritt

Bis auf die Prospektpfeifen - die üblichen Kriegsverluste - ist das Werk original erhalten. Natürlich wurde in orgelbewegter Zeit auch Obersimonswald ein "trendiger" (also meist neobarocker) Neubau nahegelegt. Es soll der damalige Organist gewesen sein, der solche Pläne ablehnte: Ihm reiche die alte Orgel.

Eine weise Entscheidung ...