Samstag, 11. Juli 2009

Sigmaringen schlägt Genf

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Gestern hatte Johannes Calvin Geburtstag, gruftige 500 Jahre immerhin, und ich hatte mir - kein Witz - überlegt, ob ich das hier auch irgendwie abfeiern soll. Na ja, Calvin so halbwegs sei Dank gibt's den sogenannten "Genfer Psalter" und einige hübsche Melodien dazu, die sich auch im katholischen Raum eingebürgert haben, zum Beispiel mit dem Lied Mein ganzes Herz erhebet Dich. Andererseits hat der Typ seine "reine Lehre" in die Kirchen reingeschmissen und die Orgeln rausgeworfen, reichlich radikal mitsamt sämtlich anderem Inventar (Altäre, Bilder, Kerzen), weswegen sich im Vergleich jede halbwegs anständige lutherische Kirche zum stilechten Calvinismus wie der Petersdom zu einer Bauhaus-Hütte ausnimmt (selbst den Calvinisten war die vermeintlich gottgewollte Beödung auf Dauer zu langweilig, weswegen sie die Orgel später rehabilitiert haben und für ein wenig Deko sorgten). Letztendlich hatte ich mich beschieden, Calvin klein sein zu lassen. So dolle ist der "Genfer Psalter" nun auch wieder nicht, als daß ich deswegen dem Reformationsbruder von Herzen halbgarstig Happy Birthday plärre.

Jetzt war ich aber heute anlässlich eines Stauffenberg-Symposiums (dazu in den nächsten Tagen vielleicht noch mehr) in der nach diesem gut katholisch-nationalkonservativen Widerstandskämpfer benannten Kaserne in Sigmaringen und stattete danach noch der Kirche vor Ort einen Besuch ab - schließlich denkt der gute Katholik in Robbie's own country in Sachen Sigmaringen an den heiligen Fidelis. Über diesen Fidelis von Sigmaringen wußte ich bislang eigentlich en detail wenig. Seit heute weiß ich nun, daß der Kapuzinerpater bei Bekehrungsversuchen in der Schweiz 1622 von reformierten Bauern erschlagen wurde - das elende Hickhack im Zeitalter der Konfessionalisierung halt. Na ja, wahrscheinlich waren es eher zwinglimäßig animierte Bauern, die dem armen Fidelis die Rübe eingehauen haben, aber das tun wir mal als zu vernachlässigende Größe ab. Dem Zwingli, dem Calvin (oder dem Bullinger, dem Ökolampad und wie das ganze helvetische Reformatorengesinde sonst noch so heißt) stelle ich also hiermit frank und frei den heiligen Fidelis gegenüber - und da soll sich der Calvin gefälligst geschmeichelt fühlen, find' ich zumindest (soweit diese "Geburtstagswürdigung" samt Arschkarte für den Jubilar, aber secundum Bittlinger darf Ökumene auch gerne mal hinterfotzig sein).

O Sankt Fidelis, Gottesmann, wir rufen dich als Fürsprech an,
bitt Gott für uns am Throne,
daß Er durch deine Heiligkeit auch unser Leben weist und weiht,
uns reicht dereinst die Krone.
(fünfte Strophe des Fidelisliedes)

Die Bilder zeigen zum einen das Deckenfresko im Langhaus der Sigmaringer Kirche St. Johannes mit der Apotheose des heiligen Fidelis, zum anderen den Fidelisaltar dieser Kirche, der ein Armreliquiar und die Wiege birgt, in welcher der Heilige einst gelegen haben soll. B
is heute werden Kinder, wie ich las, bei der Taufe kurz in diese Wiege gelegt.

Nun ja, das mit der Fidelis-Wiege ... ich weiß ja nicht. Da möchte ich doch fast mal Luthers Abendmahlslehre auf das Möbel anwenden: Sofern der Mensch nur recht feste dran glaubt, dann wird das Bröt... äh Bettchen tatsächlich zur Wiege des heiligen Fidelis und sorgt für jenen gnadenhaften Gunsterweis, dessen sich der rechte Katholik sonst nur bei authentischen Sakramentalien sicher ist ... soweit mein heutiger Beitrag zur ökumenischen Vergeschwisterdings.

Nachtrag: Zum Fidelisfest am 24. April war anno Domini 2006 Kardinal Lehmann vor Ort. Den hätte ich tendenziell eigentlich eher auf Calvins Geburtstagsparty vermutet ...

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