Montag, 31. August 2009

Kettensägenmassaker?

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Das katholische Bauwesen geht manchmal seltsame Wege. Ich hätte, nur so als Beispiel, nie gedacht, welchen ästhetischen Reiz ich einer drögen 70er-Jahre-Buntglasbausteineinbauwand plötzlich abgewinnen kann, wenn nur der Restraum einer Kapelle hinreichend "bewusst auf das Wesentliche reduziert" wird, wie in der Katholischen Akademie von Zollitsch City vor geraumer Zeit geschehen ... na ja, die Wohnstatt Gottes unter den Akademikern hier vor Ort war seit Einweihung der Akademie noch nie der Brüller. Vielleicht läßt sich mit den Hockern jetzt ganz passabel Reise ins himmlische Jerusalem spielen, so ist das Gottesvolk mal wieder ganzheitlich unterwegs, was zwischen Kirchenbänken ja eher unlustig sein dürfte. Das Tabernakulum ist übrigens links im Bild rudimentär zu sehen, variantenreicherweise dreht hier ein Teil besagten Gottesvolkes dem Herrn den Rücken zu. Und das Kreuz? Nun denn, da steht irgendwo eine Radskulptur an die Wand gelehnt rum, die dann irgendwie die Kreuzessymbolik abstrahlt.

Nicht, daß jetzt einer denkt, in Zollitsch City fänden sich nur solche Kapellen. Anverwandtes gibts natürlich auch "traditioneller", mit Stehkreuz, wie im Margarete-Ruckmich-Haus. Teile der Ausstattung, etwa das Altardings und das Lesepult, erhielten ihre besondere künstlerische Ausstrahlung unter Einsatz einer Kettensäge. Mit dem Lampenkreisverkehr an der Decke und den abstrahierenden Glasfenstern, die aus der Ferne wie Bildschirme mit Bildstörung wirken, erinnert mich diese Kapelle immer etwas an die Kommandobrücke von Raumschiff Enterprise. Ich wäre jedenfalls nicht überrascht, wenn hinter der "Holzwand mit den Wunden" unvermittelt Mister Spock auftauchen würde. Mit einer Kettensäge.

Es geht auch aber auch anders: Wie in Lenzkirch. Dreißig Jahre sind zwischen den Schwarzwaldtannen durchs Land gezogen, bis die Sehnsucht nach der vormals bildergestürmten Wärme so groß war, daß man - unter dem Motto "Sankt Nikolaus soll wieder ein Schmuckstück werden" - nun die alten Seitenältäre und manch anderes Objekt in die Kirche zurückholen möchte. Sogar der farblichen Neukonzeption des Chorraumes kann ich etwas abgewinnen (wenn's denn schon konzilsgeistkonform sein muß) ...

Sonntag, 30. August 2009

"Friedhofsgedanken"

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Vor der Messe in St. Anton, die erst um halb zwölf beginnt, hatte ich noch etwas Zeit. Ich nutzte sie, das Wetter war frisch, aber sonnig, für einen kleinen Spaziergang durch den Basler Kannenfeldpark. Irgendwann kam ich zum Haupteingang des Geländes und stellte überrascht fest, daß es sich bei dieser größten Parkanlage Basels um einen ehemaligen Friedhof handelt. Vier Säulen rahmten die alten Tore: eine für Moses (Bild oben), eine für Daniel, eine für Johannes den Apostel und eine für Paulus. Während des Gangs durch den Park fiel mir nichts auf, was auf die ehemalige Widmung als Gottesacker gedeutet hätte ... Familien flanierten auf den Wegen, Jogger drehten ihre Runde, andere schlürften an einem Kiosk einen Kaffee.

Aufgelassene Friedhöfe als Parkanlagen sind sicher keine neue Idee. Doch bei den Friedhöfen, die ich in diesem Fall kenne, beließ man die alten Grabstätten einfach dem Zeitenlauf, pflegt und erhält aber sacht, wo es notwendig scheint. Diese Orte strahlen, nicht zuletzt durch den von leichtem Verfall gekennzeichneten Charme, ein ganz spezielles Memento Mori aus. Es sind Orte der Pietät geblieben, entsprechend verhalten sich die Besucher, die meisten zumindest.

Der Kannenfeld-Friefhof wurde irgendwann zum Park umgegraben. Unzweifelhaft ist er heute ein Ort des Lebens und - weit mehr als nur grüne Lunge im Stadtgebiet - ein Ort zum Durchatmen für die Anwohner. Soweit, so gut. Ein Ort der Pietät ist es nicht mehr, auf ein anderes Leben als das irdische verweist heute allein die Portalanlage mit ihrem biblischen Personal und einigen in Stein gehauenen Schriftzitaten.

Ich mußte dabei an die Kirchen denken, die zunehmend aufgegeben, profaniert werden. Sie sollen, wenn nicht abgerissen, dann möglichst einer Verwendung zugeführt werden, die sich mit der Würde eines ehemaligen Gotteshauses verträgt. Was aber, wenn die Jahre ins Land gehen und man mit dem Gebäude, dessen Turm vielleicht noch in den Himmel ragt und von dessen Mauern ein Kreuz und die Jungfrau Maria grüßen, nur noch von ferne den Gedanken an die einstige Gegenwart Gottes an diesem Ort verbindet? Oder etwa: Was kommt noch auf uns zu, wenn der Sinn für die Heiligkeit eines Ortes ebenso verloren geht wie die rudimentäre Restpietät des dem Glauben entwöhnten Kulturmenschen?

Legt nicht jede profanierte Kirche ein beklemmendes Zeugnis ab für die gegenwärtig mangelnde missionarische Haltung innerhalb der Kirche? Und ist nicht jede profanierte Kirche ein Beitrag zu einer geradezu exponentiellen Säkularisation?

Freitag, 28. August 2009

Zum Fest des heiligen Augustinus

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Dir freilich, Herr,
vor dessen Augen
der Abgrund des menschlichen Gewissens nackt daliegt,
was wäre Dir an mir verborgen,
auch wenn ich es Dir nicht bekennen wollte?
Dich würde ich ja vor mir verbergen,
nicht mich vor Dir.
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- aus den Confessiones, entnommen dem 10. Buch und dessen 2. Kapitel -
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Donnerstag, 27. August 2009

Für Fellay wird's jetzt eisig!

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Also irgendwie bin ich ja jetzt ziemlich entsetzt! 32 Blogende haben abgestimmt, mit welchem Bischof sie am liebsten drei Montate in der Antarktis zubringen würden, und eine klare Mehrheit von 46 Prozent (mithin 15 Stimmen) haben sich für einen Piusbruder ausgesprochen, für Bischof Bernard Fellay FSSPX. Habt ihr mal die Konsequenzen bedacht? Drei Monate gültige, aber illegitime Messen!

Nun ja, vielleicht ist das immer noch besser als eine Messe mit Erzbischof Robert Zollitsch, der bekanntermaßen mit dem Sühnetod unseres Herrn am Kreuz seine Probleme hat, weswegen ein wenig zu befürchten steht, daß die Messe für den Hochwürdigsten Herrn Herrn Erzbischof Zollitsch auch eher so eine Solidaritätsaktion ist ... aber immerhin landete der Vorsitzende unserer Bischofskonferenz mit sieben Stimmen - (21 Prozent) auf Platz 2.

Kanpp dahinter rangiert mit sechs Stimmen (18 Prozent) das Duett aus dem Alice-Schwarzer-Double mit Christine Mayr-Lumetzberger. Daß in der Blogozese immerhin so verhältnismäßig viele Wahlteilnehmende dem Weibsvolk damit tatsächlich eine Bischofswürde zubilligen, stimmt mich allerdings etwas bedenklich ...

Emmanuel Milingo hat mit dem Charme Afrikas offenbar nicht nur seine Moon-Braut bezaubert, sondern damit auch drei Stimmen (neun Prozent) gewonnen.

Anselm Grün aka Rowan Williams landete mal wieder auf dem letzten Platz: eine Stimme, drei Prozent. Vielleicht sollte sich der Vier-Türme-Verlag schon mal nach einem neuen Wohlfühlbruder umsehen, Grün gerät langsam zum Auslaufmodell.

VC bedankt sich bei allen, die an dieser Abstimmung teilgenommen haben. Der nächste contest wird sich, wahrscheinlich, um die "er- und aufregenste Katholikin" unserer Tage drehen. Allerdings ist mir dazu bislang nur Uta Ranke-Heinemann eingefallen. Wer weitere Kandidatinnen vorschlagen möchte, tue sich keinen Zwang an!

Ist Kader Loth eigentlich katholisch?

Montag, 24. August 2009

Frieden und Versöhnung sabotieren!

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Stanislausens Recherchen bringen an den Tag, wer in deutschen Sakristeien zuweilen das letzte Wort in Fragen liturgischer Gestaltung hat; im besagten Fall kümmerte sich ein kirchlicher Angestellter aus dem operativen facility management um die Endredaktion einer Briefpassage aus der Feder des hl. Paulus.

Welchen erweiterten Einfluß kann - für mich eine stets interessante Frage - ein Organist auf liturgische Abläufe und Gepflogenheiten nehmen?

Ich sehe mich bei meinem nächsten "römischordentlichen" Dienst schon in die Sakristei schneien, dem Zelebranten das Meßbuch ent- und das zweite Hochgebet herausreißen ("Heute ist Sonntag. Sie sollten das erste nehmen. Oder meinetwegen die beiden anderen, aber nicht schon wieder diese short story").

Oder alternative Lesungstexte vorschlagen ("Nehmen Sie besser Habakuk 2, 20 als Lesung und betten Sie dieses Schriftwort doch gleich in eine konkrete Situation ein. Zum Beispiel im Rahmen Ihrer üblichen Ansprache vor dem Vaterunser ...").

Oder doch etwas mehr "Text" einklagen ("Eine archäologische Kommission, die jüngst das Meßbuch untersuchte, hat dabei einige rudimentäre Gebete zur Gabenbereitung gefunden. Offensichtlich soll man die Hostienschale und den Kelch nicht nur kurz durch die Luft schwenken. Haben Sie auch schon davon gehört ...)?

Eine Einflußmöglichkeit haben Organisten jedenfalls. Sie können, wenngleich nur mit mäßigem Erfolg, das Gebt-einander-ein-Zeichen-and-now-shake-your-hands ein wenig sabotieren, indem sie bereits zwischen "... erlöse uns von dem Bösen" und "Denn dein ist das Reich" den Liedanzeiger anwerfen (nicht nötig bei GL 482) und dann das Vorspiel beim Lied zum Agnus Dei auf einige kurze intonatorische Tonhöhenvorgaben runterstutzen. Das sorgt unter den Gläubigen kurzzeitig für leichten Streß, der aber der Konzentration auf des Wesentliche zuträglich ist, und nach der Messe gegebenenfalls für einen Rüffel vom Zelebranten. Letzteren kann man aber mit dem Verweis, daß wir doch alle friedlich und versöhnt sein wollen, halbwegs gut aus dem Weg gehen ...

Jetzt wird geredet und herumgelaufen

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Gestern kam mir ein Wort von Romano Guardini wieder unter die Augen. Es ist einem Brief Guardinis entnommen, der dem Buch Liturgie und liturgische Bildung (Neuauflage Mainz / Paderborn 1992) vorangestellt ist. Guardini schrieb während des letzten Konzils über Aufgaben und die Notwendigkeit einer liturgischen Erziehung:


... Wird sie nicht angefaßt, dann helfen Reformen in Ritus und Text nicht viel. Ja es kann dahin kommen, daß gerade ernste Menschen, denen es um echte Frömmigkeit geht, das Gefühl haben, ein Unglück geschehe - wie das jener verehrungswürdige Pfarrer meinte, der sagte: "Bevor das mit der Liturgie angefangen hat, haben die Leute beten können. Jetzt wird geredet und herumgelaufen".

Mhhh. Ich würde die Vertreter der vorkonziliaren liturgischen Bewegung, die durchaus - gerade Guardini schätze ich sehr - ihre Meriten haben, gerne einmal mit so manch heutigen liturgischen Zuständen konfrontieren und um eine Meinung dazu bitten. Was würden wohl Romano Guardini, Pius Parsch, Odo Casel etc. etc. zu gegenwärtigen liturgischen Ungezogenheiten sagen?

Samstag, 22. August 2009

Ist Benedikt XVI. ein hinterhältiges Schlitzohr?

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Die taz-Leser haben gewählt, Papst Benedikt XVI. hat gewonnen! Noch vor Bush und Merkel. Es ist der „beliebteste taz-Titel in dreißig Jahren“: Oben der Zeitungskopf, darunter eine einzige druckschwarze Fläche, nur durchbrochen links oben im Kleindruck durch „Joseph Ratzinger neuer Papst“ und mittig auf der Seite, schon etwas fetter, mit: „Oh, mein Gott!“ So geht Habemus Papam in der Rudi-Dutschke-Straße 23 in Berlin.

„Wir sind Papst!“ ergänzte Bild. Wir waren auch schon Panzerkardinal. Und Gottes Rottweiler. Hätte der Himmel die Triebe des deutschen Alternativkatholizismus, dessen Pubikum, dessen Forum, dessen aufgeregte Kirche von unten und von links noch schlimmer abstrafen können? Selbstversicherung ist angesagt. Die übt zum Beispiel Bernd Hans Göhrig von der "Initiative Kirche von unten". Vor einiger Zeit postete er den jüngsten Kommentar auf der unterkirchlichen Webseite mit dem Titel „Herr Ratzinger spielt Papst“. Ich habe ihn entdeckt, als einfach mal sehen wollte, ob die Krypta-Katholiken dem verwandten Webangebot in Sachen Aktualität nacheifern. Sie eifern. Göhrig war am 29. Juni aktiv, die Gesamtseite wurde zuletzt vor anderthalb Monaten aktualisiert. Jungs, Mädels, wie stellt ihr euch eigentlich Kirche up to date vor, wenn eure eigene Webpräsenz so taufrisch müffelt wie mein Mülleimer? Doch zur Sache …

Göhrig fährt, nach literarischem Vorgeplänkel, das mutmaßlich den intellektuellen Anspruch der weiteren Ausführungen unterstreichen soll, sofort ordentlich auf und zitiert den Erinnerungsforscher Harald Welzer:


Die Generation der heute etwa Achtzigjährigen sei nationalsozialistisch geprägt worden und bildete zugleich den jüngsten Teil (…) der demokratischen Nachkriegsgesellschaft. Diese doppelte Prägung habe tiefe Spuren hinterlassen. Bei aller intellektuellen Distanz zum Nationalsozialismus kennzeichne sie „eine gewisse Starrheit im Habitus, eine Neigung zur Unbedingtheit, zum Rechthaben, zum Eindeutigen“.

Auf wen könnte Göhrig diese Einsichten anwenden wollen? Auf Hans Küng? Natürlich nicht. Küng ist schließlich nicht nationalsozialistisch geprägt, sondern im kleingeistigen und vermauerten Schweizer „Ghetto-Katholizismus“ (Urs Altermatt) groß geworden. Also dort, wo man sich den Erbteil einer gewissen Starrheit im Habitus, einer Neigung zur Unbedingtheit, zum Rechthaben, zum Eindeutigen schon mit der Muttermilch reingepfiffen hat. Was hier übrigens zwischen „Starrsinn“ und „Rechthaben“ festgestellt wird, dürfte seit unvordenklichen Zeiten zum Erfahrungshorizont aller möglicher Nachgeborenen gehören, sobald man sich mit den Urgroßeltern anlegt. Oder mit Oma und Opa. Oder mit Mama und Papa.

Göhrig zieht eine andere Nutzanwendung: „Doch während sich das säkulare Deutschland (…) langsam, aber sicher von dieser Generation verabschiedet, verankerte sich das Schiff der (…) Kirche mit der Wahl von Joseph Ratzinger 2005 gezielt innerhalb des Diskursrahmens dieser Generation und schlingert seither von einem gefährlichen Fahrwasser ins nächste, weil der päpstliche Steuermann den Umgang mit modernen Navigationsinstrumenten beharrlich verweigert – die alten Karten sind halt doch die besten!“

Zumindest weiß man bei den „alten Karten“ in der Regel, daß man damit das Ziel erreichen kann, denn sonst hätte man das Zeug schon längst ins Altpapier gekloppt. Göhrig kann sich seine neue Kirche in der Welt von heute aber, niemand will ihn daran hindern, gerne weiterhin bei der Lektüre von Gaudium et spes zusammenreimen. Er sollte nur nicht aus dem Blick verlieren, daß im Vergleich zu diesem konzilianten Kartenmaterial jedes plumpsüße und von einer Papierrüsche umrahmte Herz-Jesu-Andachtsbildchen mit Sühneseufzer und Ablassaussicht einen höheren Realitätsbezug aufweist als die lustigen Hoffnungen unserer altvorderen Konzilsväter. Alternativ kann Göring aber auch eines der unzähligen fortschrittlichen Positions- und Arbeitspapiere reanimieren, die sich meistens schon kurz nach der Veröffentlichung als überlebt zeigten. Stoff ist jedenfalls genug da, man muß nur ein wenig in der Wertstoffsammlung wühlen. Altpapier ist auch schon ein Wert an sich.

Womöglich ahnt Göhrig, daß es endlich Zeit wird für ein echtes Hammerargument: „Dabei kommt der alte Herr durchaus nett daher – und Nettigkeit ist eine gern gesehene Eigenschaft älterer Menschen: Eine alte Tante ist nett, wenn sie den Kindern eine Tafel Schokolade mitbringt. Ein alter Onkel ist nett, wenn er das Spielzeug seiner Enkel repariert".

"Und 'nett' ist die kleine Schwester von 'scheiße'", möchte man Göhrig in Erinnerung rufen. Bei der Lektüre dieser Passage kam mir, aber das nur nebenbei, das Wort "Altersdiskriminierung" in den Sinn. Doch geben wir Göhrig noch etwas Raum, auf daß sich dessen Gedanke in seiner gesamten Pracht entfalten könne:

"Auch Joseph Ratzinger lächelt nett, doch seine Nettigkeit verbirgt mehr, als dass sie etwas gibt (…). Das listige Funkeln seiner Augen sagt eher: „Ich habe es geschafft und ihr könnt mir gar nichts“, und: „Jetzt darf ich machen und sagen, was ich will“.

Wow! Das sitzt! Herr Göhrig ist endlich in der Combat-Klasse angekommen. 9 Millimeter Magnum. Mindestens. Durchgeladen. Peng. So knallt man dem Papst eine vor den Latz. So bringt man den römischen Gängel gekonnt zur Strecke. Warum Argumente auffahren, wenn man andere quasi physionomisch so schön diffamieren kann?

Heißt es denn nicht zurecht, daß die Augen ein Spiegel der Seele seien? Nicht von ungefähr kritzelte man weiland Juden nicht nur krumme Nasen und dicke Lippen, sondern vor allem auch einen verschworenen Blick in's Gesicht - in den Stürmer-Karikaturen allemal. So kann man offenbar - etwas mehr auf die sanfte Tour meinethalben - auch heute mit Päpsten umspringen: Listiges Funkeln in den Augen - dafür hat Göhrig offenkundig den Scharfblick wie durch ein Zielfernrohr ... ja, das Auge ein Spiegel der Seele. Benedikts Lächeln: irreführend. Verschlagen? Hinterfotzig? Benedikts Nettigkeit: auf jeden Fall undurchsichtig. Göhrig kann auf diese Tour gleich zwei wichtige Einsichten rund um Benedikt rauspopeln. Einerseits ist der Papst ein egomanischer und unkollegialer Spieler, Motto: "Ätschbätsch, bei dem Spiel bin jetzt ICH der Bestimmer". Und ferner: Trau keinem über Achtzig, der eine weiße Soutane trägt und dich anlächelt.

Cum grano salis gesagt: Unter den Barbaren der jüngeren Vergangenheit galt sinngemäß die Parole "Schau und trau keinem Juden". Bei Göhrig und seinem Kirche-von-unten-Club heißt das heute dann wohl: "Schau und trau bloß nicht diesem Papst". Unterm Strich mögen die einen dabei ihre Herzen zu einer Mördergrube gemacht haben, während die anderen den Heiligen Vater nur als einen tatteligen Greisen mit Allmachtsphantasien vorführen wollen. Methodisch sind sich beide keineswegs fremd, um an's jeweilige Ziel zu gelangen.

Ich kann verstehen, daß Freude am Glauben auf jene verdächtig wirken muß, die am Glauben selbst keine Freude haben. Ich kann hingegen nicht verstehen, wie man darob so einen Mist verzapfen kann. Herr Göhrig sollte sich schämen.

Fortsetzung folgt.


Ave, Regina caelorum!

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Manchmal finden sich liturgische Reformen, die man als sehr sinnvoll erachten mag. So beging die Kirche früher an diesem Tag des Fest des Unbefleckten Herzens Mariä. Durch die Liturgiereform wurde es auf den Samstag nach dem Herz-Jesu-Fest verlegt. Nun wird der achte Tag nach der Feier von Mariä Himmelfahrt vom Fest Maria Königin geprägt - ein schöner Gedanke: Maria zeigt uns nicht nur, wozu unsere menschliche Natur in ihrer Ganzheit berufen ist, sondern ist auch Krone der Schöpfung: Königin aus der Gnade und voll der Gnade, mächtige Fürsprecherin für uns Menschen. Einst predigte der heilige Bernhard:

"... Also haben wir mit Wünschen, deren wir fähig waren, dich bei deinem Aufstieg zu deinem Sohne begleitet und sind dir wenigstens von weitem gefolgt, o preiswürdige Jungfrau. Nun möge es an deiner Güte liegen, die Gnade, die du bei Gott gefunden hast, der Welt bekannt zu geben dadurch, daß du

den Schuldigen Verzeihung,
den Kranken Heilung,
den Kleinmütigen Kraft,
den Betrübten Tröstung,
den Gefährdeten Hilfe und Rettung

mit deinen heiligen Bitten erwirkst. Möge auch am heutigen festlichen und freudigen Tage allen deinen Dienern, die den süßesten Namen Maria mit Lob anrufen, durch dich,

o gnädige Königin,


die Geschenke seiner Gnade reichlich austeilen Jesus Christus, dein Sohn, unser Herr, der als Gott über alles zu preisen ist in Ewigkeit. Amen".

Freitag, 21. August 2009

Neue Abstimmung auf VC (plus Auswertung)

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35 Wählerinnen und Wähler haben ein klares Votum gesetzt: In Sachen Stundengebet hat sich eine überwiegende Mehrheit von annähernd zwei Dritteln klar für das Breviarium Romanum und gegen die neumodische Liturgia horarum ausgesprochen: 22 Stimmen konnte die ehrwürde und althergebrachte Version auf sich vereinen, was einem Wert von 62 Prozent entspricht. Die auf schlechterem Papier gedruckte, reformierte Liturgia horarum vermochte nur acht Wahlteilnehmende zu begeistern und erreichte somit gerade mal 22 Prozent. Das klare Ergebnis macht eine Entscheidung Seiner Heiligkeit des Dalai Lama somit restlos überflüssig. Für diese Alternative entschieden sich ohnehin nur vier Stimmabgebende (11 Prozent). Abgeschlagen auf dem letzten Platz landeten die theologischen Softpornos von Pater Anselm Grün: Erbaulich-Religiöses zum Rumschmusen im Chorgestühl schlug nur eine Stimme (2 Prozent) in ihren Bann. VC dankt allen, die sich an dieser Abstimmung beteiligt haben.

Ab sofort wird eine neue Umfrage gestartet:

Sie haben bei sonnentrüb.tv einen dreimonatigen Eventaufenthalt in einem Einzel-Iglu an den bezaubernden Küstengewässern der Antarktis (via Südpol) gewonnen. Genießen Sie die menschenleere Abgeschiedenheit, fangen und braten Sie ihre eigenen Fische, freuen Sie sich auf muntere Attacken putziger Pinguine und nehmen Sie einen Bischof Ihrer Wahl auf diese traumhafte Reise mit. Fünf Würdenträger_Innen stehen zur Wahl:

Erzbischof Emmanuel Milingo - Erzbischof Robert Zollitsch - Bischof Bernard Fellay - Erzbischof Rowan Williams (nein, es nicht ein als Nikolaus verkleideter Anselm Grün) oder als ultimatives Gewinnspecial ("Krall Dir ein Doppel!") die Bischöfinnen Alice Schwarzer (?) und Christine Mayr-Lumetzberger (v.r.n.l.).

Nachtrag: Gerüchtehalber soll es sich laut Angaben der bisher nicht öffentlich in Erscheinung getretenen Initiative Dominus non Jesus - Empörte Katholiken gegen römische Verunglimpfung anderer Kirchen und zum Schutz des Geistes des Konzils bei Rowan Williams tatsächlich um den verdächtig omnipräsenten Benediktiner Anselm Grün handeln, der als "interkonfessionell niedrigschwelliger Theologe" durch "vatikanische Dunkelmänner" und "mit Wissen der anglikanischen High Church" den Bischofssitz von Canterbury okkupiert habe, um die anglikanische Gemeinschaft an die "macht- und besitzhungrige Kirche Roms" auszuliefern. Sollte diese Behauptung zutreffen, dann würde man den dreimonatigen Urlaub in der Antarktis folglich mit Pater Anselm Grün zubringen.

Mittwoch, 19. August 2009

Verwüsten wiederbelebte Ultras die selig-objektive Medienlandschaft?

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Elsa präsentiert auf ihrem Blog einen Artikel aus dem Vatican-Magazin. Dort macht sich nun auch der Chefredakteur der Katholischen Nachrichtenagentur, Ludwig Ring-Eifel, unter dem Motto Anarchie im Namen des Herrn? seine Gedanken zum Phänomen eines bestimmten (ebenso stetig wachsenden wie inoffiziellen) katholischen Medienangebotes im Internet.

Angesichts der Schelte, mit der erst jüngst "inoffizielle", katholisch verwurzelte "Nachrichtenagenturen" und Informationsangebote im Internet seitens diverser Platzhirsche mit kirchlichem Prädikatssiegel überzogen wurden (und die bestenfalls in einem bestimmten Fall berechtigt gewesen sein mögen), sind Ring-Eifels Ausführungen vergleichsweise fair - und daher vergleichsweise angenehm sachlich. Das darf man ruhig auf der Habenseite verbuchen.

Trotzdem finde ich den Beitrag, sagen wir mal ... nicht ganz ehrlich. Ring-Eifel malt die Idealsituation eines ausgewogenen, pluralen und zugleich katholisch verorteten Journalismus an die Wand, dem im minder schlimmen Fall Bischöfe das sanfte Diktat der Langeweile ("halb journalistische, halb offiziöse Medienprodukte") reindrücken, während diesem Traumbild im schlimmeren Fall von den Freibeutern im Internet das Wasser abgegraben wird. Zumindest höre ich zwischen den Zeilen auch bei Ring-Eifel die Befürchtung heraus, daß der "offizielle" katholische Journalismus ob der neuen Phänomene ungebührlich ins Hintertreffen gerät, weil andere Angebote die Leser - im mehrfachen Sinn des Wortes - "radikaler" binden (können).

Unterm Strich realitätsfremd ist dabei der Rekurs auf jene Tendenzpresse des 19. Jahrhunderts, welcher der angelsächsisch inspirierte "objektive" Journalismus des 20. Jahrhunderts gegenüber gestellt wird. Bis dahin mag man Ring-Eifel noch folgen. In Fortschreibung der Geschichte dann aber das eigene Selbstverständnis in der Tradition eines "objektiven" Journalismus stehen zu sehen, dem die wiederbelebten Ultras im 21. Jahrhundert auf die Pelle rücken, ist in meinen Augen angesichts des zunehmenden Verfalls journalistischer Kultur dreist.

Ring-Eifel müßte besser wissen, wie heute in den meisten Redaktionsstuben Meinung "gemacht" wird, egal ob es sich dabei um kirchliche oder um säkulare Mainstream-Medien handelt. Hier wird einmal mehr untergründig mediale Selbstverklärung betrieben, wie sie etwa auch ein Hamburger Nachrichtenmagazin pflegt, wenn es sich gern als "Sturmgeschütz der Demokratie" titulieren läßt.

Es erwartet niemand, daß die katholische Medienarbeit am Rockzipfel des Papstes hängt und mit dem Schnuller im Mund durch den Vatikan krabbelt. Aber wo waren denn KNA & Co., als angesichts der jüngsten - inszenierten und durchschaubaren - Medienstürme, die über Benedikt XVI. hinwegfegten, starke Stimmen gefragt waren, um einer verzerrten Darstellung der Sachlage mit entsprechendem Hintergrundwissen entgegen zu treten? Und wo waren damals die "katholischen" Journalisten (nominell gibt es sie nämlich noch), die bei säkularen Medienkonzernen in Lohn und Brot stehen?

"Wess' Brot ich ess', dess' Lied ich sing" ... dabei ist es gleich, ob man sich als "katholische" Agentur an der Theke des Zeitgeistes anstellt oder als Journalist seinen Namen auf den Gehaltszetteln eines profanenen Medienkonzerns lesen kann. Die "Unabhängigkeit" des Journalisten ist eine Luftnummer, die allseits und immer noch dreist verkauft wird. Eigentlich wäre das so langsam ein Fall für die Verbraucherzentralen ...

Ein starkes Mittel, die Dame festzuhalten.

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Das obige Bild ist ein Schnappschuß vom Mariä-Himmelfahrtstag zur Frühmesse ... es paßt vielleicht ganz gut in die (ehemalige) Oktav dieses Festes. Es paßt auch zum Eintrag, zu dem mich der Blog Rosenkranz-Atelier ein wenig inspiriert hat. Wer immer auch hinter dem Atelier steckt, knüpft offensichtlich nicht einfach nur einen Rosenkranz nach dem anderen, sondern macht sich auch Gedanken, welche Perlen und welche anderen Zutaten zu einem kleinen Kunstwerk kombiniert werden könnten, dem eine tiefere Bedeutung mit auf dem Weg gegeben wird. Diese 'Kunst des Knüpfens und Wirkens', dieses 'Einweben eines Heilsgedankens' erinnert mich an eine Passage aus Franz Werfels Lourdes-Roman Das Lied von Bernadette. Sie ist dem siebten Kapitel entnommen, in welchem Werfel die Begegnung Bernadettes mit der wundersamen Dame beschreibt. Das Mädchen ist etwas verlegen, von der Situation etwas überfordert ...

"... Sie greift in ihren Beutel, sie zieht den Rosenkranz hervor. Etwas Besseres könnte sie nicht tun ...
Alle weiblichen Wesen von Lourdes tragen den Rosenkranz ständig bei sich. Er ist das treue Werkzeug ihrer Frömmigkeit. Die Hände armer, hart arbeitender Frauen vermögen es nicht, stille zu stehen. Ein Gebet mit leeren Händen, das wäre nicht das Rechte für sie.

Das Rosenkranzgebet aber ist eine Art von himmlischer Handarbeit, ein unsichtbares Nadelwerk, eine Strickerei oder Stickerei, aus den fünzig Ave Marias der Perlenschnur emsig gewirkt. Wer in Tag und Jahr gehörig viele Rosenkränze betet, der bringt schon ein tüchtiges Gewebe zusammen, mit dem dereinst das große Erbarmen einen Teil seiner Schuld zudecken kann.

Die Lippen murmeln zwar nur automatisch die Worte des Engels an die Jungfrau, die Seele aber ergeht sich auf der Weide der Heiligkeit. Wenn die Gedanken dabei auch öfters von den Gesätzchen abirren und über den unvernünftigen Preis der Eier seufzen, und wenn man sogar dann und wann über einem Ave für ein paar Minuten einnickt, so ist das kein Unglück, denn man verliert sich in einer größeren Geborgenheit als sonst.

Mutter Soubirous hält es mit dem Rosenkranz wie alle anderen Frauen zu Lourdes. Bernadette aber, die noch sehr jung ist und alles eher als eine Frömmlerin, sie, die von Soeur Marie Thérèse Vauzons für eine unwissende Heidin gehalten wird und wirklich von den Geheimnissen des Glaubens kaum die notdürftigste Ahnung hat - Bernadette trägt ihren Rosenkranz mit Stolz im Beutel, ist er doch das Zeichen fraulicher Erwachsenheit.

Jetzt hält sie ihre dürftige, aus schwarzen Kügelchen gefädelte Gebetsschnur der Dame aufmunternd entgegen. Diese scheint das schon längst erwartet zu haben. Wiederum lächelt und nickt sie und scheint sich über des Mädchens lobenswerten Einfall zu freuen. Auch in ihrer leicht erhobenen Rechten wird ein Rosenkranz sichtbar, nicht der kümmerliche eines Tagelöhnerkinds, sondern eine lange Kette mit großen schimmernden Perlen, die fast bis zur Erde reicht, wie man sie an keiner Königin noch gesehen hat. Am Ende der Schnur blitzt ein goldenes Kruzifix im wogenden Licht.

Bernadette ist froh, ihre eigene Stimme zu hören, obwohl ihr diese Stimme ganz unbekannt vorkommt: 'Gegrüßt seist du, Maria, voll der Gnaden', beginnt sie die erste Zehnerreihe der Aves. Dabei beobachtet sie die Dame scharf, ob sie mitbetet. Deren Lippen aber bleiben unbewegt. (...) Jedesmal, wenn ein Ave zu Ende ist, läßt sie zwischen Zeigefinger und Daumen die Perle gleiten. Sie wartet aber immer darauf, daß Bernadette zuerst ihr schwarzes Kügelchen weiterschiebt. Nur wenn nach der abgebeteten Reihe die Anrufung kommt 'Ehre sei dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist', geht durch die Gestalt der Dame ein starker Atemzug und ihr Mund bildet stumm diese Worte mit.

Noch nie hat Bernadette ihren Rosenkranz so lange hergesagt. Er ist gewiß ein starkes Mittel, die Dame festzuhalten ..."


Dienstag, 18. August 2009

Zur Liturgie: Dienstag der 20. Woche im Jahreskreis

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Ein Ausschnitt aus der heutigen Lesung (alles hier), entnommen dem Buch Richter, aus dem sechsten Kapitel, die Verse 21 bis 24:

Der Engel des Herrn streckte den Stab aus, den er in der Hand hatte, und berührte mit seiner Spitze das Fleisch und die Brote. Da stieg Feuer von dem Felsblock auf und verzehrte das Fleisch und die Brote. Der Engel des Herrn aber war Gideons Augen entschwunden. / Als nun Gideon sah, dass es der Engel des Herrn gewesen war, sagte er: Weh mir, Herr und Gott, ich habe den Engel des Herrn von Angesicht zu Angesicht gesehen. / Der Herr erwiderte ihm: Friede sei mit dir! Fürchte dich nicht, du wirst nicht sterben. / Gideon errichtete an jener Stelle einen Altar für den Herrn und nannte ihn: Der Herr ist Friede.


"Quer" dazu gelesen ein Wort zum Gebet "Supplices te rogamus" des Römischen Kanons: "In Demut bitten wir Dich, allmächtiger Gott: Laß dieses Opfer durch die Hände Deines heiligen Engels emporgetragen werden auf Deinen verklärten Altar in die Anschauung Deiner göttlichen Herrlichkeit ..."

"Weshalb soll Gottes Engel sie von unserem steinernen Altar hinauftragen auf den Altar des Himmels? Weil ein irdischer, steinerner Altar ihnen unmöglich die höchste Opferweihe und Heiligung geben kann, die sie unendlich wohlgefällig macht in den Augen des ewigen Vaters, und die unbedingt von einem Altare herkommen muß gemäß dem Worte des Heilandes: 'Was ist denn mehr, die Gabe, oder der Altar, der die Gabe heiligt?' (Mt 23, 19).

Der himmlische Altar, der die jedes Geschöpf an Heiligkeit überragende Menschheit Christi in absoluter Weise heiligt, kann aber nur Gott selber sein. Auf Gott ist somit unser Opfer hinaufgetragen, auf Gott ruht es unmittelbar, durch und mit Gott lebt es in unantastbarer Einheit. Wenn es in dem Gebete heißt: 'Laß dieses Opfer hinaufgetragen werden', so ist hier mit poetischer Freiheit in der Form einer fortschreitenden Handlung ausgedrückt, was in Wirklichkeit vom ersten Augenblick der Konsekration an schon fertig gegebene Tatsache ist. Die heiligste Menschheit unseres Heilandes ruht sofort auf dem Altare des Himmels, das heißt sie subsistiert, wie die Theologen sagen, in Gott.

Was aber erlebt der Priester in seinem Innern, während er die Worte spricht: 'Laß dieses Opfer hinaufgetragen werden?' Wie sind wir alle an diesem Höhepunkt der heiligen Messe beteiligt?

Wir sind Christi geheimnisvoller Leib, wir sind also notwendig da, wo unser Haupt ist. Wenn unser Haupt während der heiligen Messe im Himmel ist, dann werden wir folglich mit ihm in geheimnisvoller Weise hinaufgetragen auf den Altar des Himmels. Mit andern Worten: bei jedem heiligen Opfer finden wir mit Christus unsere Verklärung in Gott, gehen wir mit ihm in das Reich ewiger Ruhe und ewigen Glückes ein".

Albert Hammenstede OSB: Die Liturgie als Erlebnis. Ecclesia Orans Band 3. Freiburg 1919.

Montag, 17. August 2009

Schwundstufen-Katholizismus als Norm?

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Die einen sitzen wie die Made im Speck und meckern, wenn die Mahlzeit nicht genug den Gaumen kitzelt, andere hingegen bekommen nicht einmal täglich etwas Ordentliches zwischen die Zähne. Ein wenig so habe ich den kritischen Kommentar von Maria Magdalena zu jenem Beitrag verstanden, in dem ich den Unwillen selbst konservativer Geistlicher (vom "Normalklerus" ganz zu schweigen) beklage, sich in der Liturgie öfter der lateinischen Sprache zu befleißigen: Jammert da einer "auf hohem Niveau"? Statt dankbar zu sein, daß sich ihm "der Luxus" einer täglich Möglichkeit zum Meßbesuch bietet - von dem andere nur (noch) träumen (können)?

Vorab: Ich kann Maria Magdalena sehr gut verstehen. Wahrscheinlich hätte ich von ihrer Situation aus auch ähnlich argumentiert. Dennoch halte ich ihren Einwurf nicht für wirklich greifend.

Eine grundsätzliche Erwägung: Die tägliche Möglichkeit zur Teilnahme an der heiligen Messe ist kein "Luxus", sondern eine Selbstverständlichkeit, welche die Kirche "flächendeckend" anzubieten hat - zum Lob Gottes, zum Segen der eigenen Truppe, zum Heil der Welt und zur Heiligung der einzelnen Gläubigen. Ein Mammutprojekt.

Die Feier der heiligen Geheimnisse gehört zu den wichtigsten und heiligsten Pflichten, die der Herr Seiner Kirche aufgetragen hat: "Tut dies zu meinem Gedächtnis". Natürlich kann man diesem Anspruch nicht allerorten Tag um Tag gerecht werden, etwa in Missionsgebieten oder in der Diaspora. Zwischenzeitlich ist es aber selbst in erzkatholischen Regionen nicht mehr die Regel, daß täglich jeder Katholik an einer heiligen Messe teilnehmen kann. Um es im Blick auf diesen Aspekt drastisch zu sagen: Die Kirche - in Deutschland jedenfalls - stellt die Grundversorgung der Gläubigen Zug um Zug massiv ein.

Als ich noch jünger war, gab es in Zollitsch City fast in jeder Pfarrkirche täglich ein, manchmal sogar zwei oder drei Messen. Ferner hatten die Umlandgemeinden jeweils noch ihre eigenen Pfarrer. Das ist gerade mal 20 Jahre her. Heute hingegen, im Zeitalter der "Seel-sorge-ein-hei-ten", will man, so scheint es jedenfalls, vorsichtshalber garnicht wissen, wie sich die Situation in den nächsten 20 Jahren fortschreiben wird. Auch die Bischöfe scheinen recht wenig ernsthaft darüber nachzudenken ... denn:

Ich sehe unsere Herren Bischöfe mehrheitlich bestenfalls sorgenvoll-mitfühlende Gesichter machen, derweil sie mit Bedauern beschwichtigen: Es könnte natürlich alles viel schöner und reicher sein, aber es herrsche eben, leider, leider: Priestermangel. Welch neue Einsicht! Da wäre ich selber nie drauf gekommen.

Früher fiel eben Manna aus dem (heiteren) Himmel runter, heute braut sich stattdessen die Priestermangelkatastrophe in den Wolken zusammen. Der Herr hat gegeben, der Herr nimmt auch mal was weg. Die Kirche kann nur die Hände in den Schoß legen und auf besser' Wetter warten.

Entziehen nicht unsere teils aufgeblähten Kirchenverwaltungen viel zu viele Geistliche dem unmittelbaren Dienst an Gott und den Seelen? Das hiesige Erzbistum hat einen Erzbischof und drei (!) Weihbischöfe im Angebot, dazu zehn Domkapitulare, die alle ihre Bäuerchen auf irgendeinem amtlich-wichtigen Kirchenklo machen. Und auch sonst turnen noch manch andere Priester in irgendwelchen Referaten, Akademien oder als special agents für geistlichen Pipifax rum. Kann es nicht sein, daß sich hier einige Koordinaten hanebüchen verschoben haben?

Wie viele Priester tragen heute eine - zumindest in meinen Augen - fragwürdige Vorstellung ihrer Berufung herum, wenn ihnen der "LFT", der "liturgiefreie Tag", so wichtig ist? Läßt sich denn die Feier der heiligen Messe und das Gebet der Kirche auf die gleiche Stufe stellen wie zum Beispiel der Knochenjob eines Angestellten bei der Städtischen Müllabfuhr, dem man den freien Tag ohne Müllwagen und Biotonne keineswegs mißgönnt?

Nun gut, drehte man an den genannten Stellschrauben, würde das die Problematik des Priestermangels nur kurzfristig und wahrscheinlich auch nur ein wenig lindern. Deswegen zählt, gerade auch mit Blick auf die Zukunft, vor allem die Frage:

Gibt es, von den Priesterseminarien abwärts bis in die letzten Winkel der Gemeinden, eine Berufungspastoral, die diesen Namen wirklich verdient? Obwohl eine solche Pastoral in einer Zeit, in der das gesellschaftliche Klima für das Wachsen und Reifen von Berufungen alles andere als günstig ist, hoch notwendig wäre? Nein.

Würden diese Probleme und Fragen ernsthaft - in Handeln und Beten von der Hierarchie ebenso wie natürlich auch von den Gläubigen - angegangen, dann könnte sich die Lage, deo adiuvante, langfristig wieder bessern. Dann müßte sich womöglich auch Maria Magdalena, um zum Ausgangspunkt dieses Beitrags zurückzukehren, nicht mit zwei Werktagsmessen pro Woche abfinden. Ändert sich nichts, wird man irgendwann froh sein müssen, wenn am Sonntag statt der üblichen Wort-Gottes-Feier ausnahmsweise eine Messe gefeiert wird.

Was aber nicht sein darf: Daß man den Schwundstufen-Katholizismus mit seinem reduzierten Angebot, unter dem Maria Magdalena leben muß (und wahrscheinlich auch leidet), zur Norm dessen macht, was an kirchlichem Leben und an kirchlicher Vielfalt machbar ist. Wo zum Beispiel (noch) die Chance besteht, gemäß dem Wunsch des Heiligen Vaters zugunsten von Messen in der Kirchensprache zu intervenieren, da wäre es fehl am Platz, nur mit Rücksicht auf jene, die weit weniger die Chance haben, an der reichen Liturgie der Kirche Anteil zu nehmen, den Mund zu halten. Letztlich arbeitet man damit schlimmstenfalls der Bequemlichkeit des Klerus in die Hände.

Jetzt hör' ich aber auf, sonst komm' ich mir noch vor wie Luther ...


Sonntag, 16. August 2009

Wallfahrt im Doppelpack

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Es gibt Tage, da möchte man das "Katholisch-sein" gegen nichts in der Welt eintauschen. Da mag Mister Universe (im Mittelalter auch als "Fürst der Welt" gepostet) noch so mit seinen Angeboten wedeln und dem - mal mehr, mal weniger - gefährdeten Christenmenschen seine faulen Paradiesäpfel unter die Nase halten, irgendwie bringt einem nichts von einem guten Weg runter. So ein Tag, denke ich mal, hatte ich gestern in St. Märgen, einem Marien-Wallfahrtsort im Schwarzwald, dessen Kirche zu Mariä Himmelfahrt Patrozinium feiert.

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Das Wetter, die Landschaft, der gelb-weiß beflaggte Ort, die schöne Kirche - da paßte einfach alles zueinander ...

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Von der barocken Pracht sollte man sich nicht total nasführen lassen. Das meiste davon ist erst nach einem verherrenden Kirchenbrand 1907 (wieder-) geschaffen worden. Das war übrigens bereits das vierte Mal, daß die Kirche in Schutt und Asche sank, seit um 1115 der spätere Straßburger Bischof Bruno von Hohenberg die Cella Sanctae Mariae gründete, die in den folgenden Jahrhunderten von Augustiner-Chorherren verwaltet wurde.

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Die angesichts barocker Kulisse anzuratende Vorsicht gilt auch für das Gnadenbild: Unter der prachtvoll anmutenden Mäntelei verbirgt sich eine kleine, romanische und auf einem Thron sitzende Madonna, welche die Chorherren wahrscheinlich bereits beim Einzug in die neue Cella aus dem lothringischen St. Leo mitgebracht haben. Ihren Platz fand die gerade durch ihre schlichten Herbheit anrührende Figur in einer Seitenkapelle. Das Bild überlebte alle vier Kirchenbrände - auch, weil es, wie zum Beispiel 1907, zusammen mit einigen weiteren Ausstattungsstücken, unter dramatischen Umständen noch aus der Kirche geborgen werden konnte, als deren Dachstuhl nach einem Blitzschlag bereits in Flammen stand.

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Auch das Hauptbild des Herz-Jesu-Altars entging den Flammen, da es just zur Restauration ausgelagert war. Die zu Lösch- und Hilfsdiensten herbeigelaufenen St. Märgener Bauern rissen zudem Holzschnitzereien und Heiligenstatuen des Schwarzwälder Barockbildhauers Matthias Faller von den Altären herunter, um sie zu retten. Vollständig vernichtet wurde hingegen die kleine Klosterbibliothek, wobei ein Archivar des Erzbistums, der erst wenige Jahre zuvor den Bestand katalogisiert hatte, zwar nur bedingt den Verlust von ("minderwertigen" und "absonderlichen") Büchern wie "rugitus leonis, d.i. geistliches Löwengebrüll, erschröckliche Predigten zum Aufschrecken der Sünder, oder ähnlich" bedauerte, dafür aber umso mehr den Abgang vieler Drucke aus der frühen Neuzeit.

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Der Wiederaufbau ging stracks voran, Gerettetes fand dabei erneute Verwendung, anderes wurde neu und insgesamt stilgerecht geschaffen oder anderweitig organisiert, wie etwa die Reliquien des hl. Constantius ...

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Eine Oase der Ruhe: Der Klosterhof von St. Märgen. Für die Seelsorge zeichnet heute ein kleine Pauliner-Kommunität verantwortlich - und somit Brüder jenes Ordens, die auch das Heiligtum der Schwarzen Madonna von Tschenstochau verwalten. Das dortige Wallfahrtsfest wird daher auch in St. Märgen begangen.
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Die nächsten beiden Bilder sind wahrscheinlich typisch, wenn Stadtmenschen auf Photo-Safari gehen ... echte Kühe, nicht lila angepinselt oder zeichentrick-animiert mit Sonnenbrille wie in der Glotze! Im Hintergrund ist übrigens die sogenannte "Ohmen-Kapelle" zu sehen. St. Märgen bietet Wallfahrten sozusagen im Doppelpack: Nebst der Marienwallfahrt mischt auch der hl. Judas Thadäus mit, der in dem kleinen Gotteshaus besonders kräftig verehrt wird.

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23 Cent bekommt der Schwarzwald-Bauer (zu lesen auf Protestschildern an allen möglichen Ecken) übrigens aktuell für einen Liter Milch. Kein Wunder, daß selbst die Kühe ihr Maul nicht mehr halten mögen ...
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Und jetzt irgendwie was "Impressionistisches", vom Wegesrand halt ...

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Am Abend von Mariä Himmelfahrt war die Wallfahrtskirche bereits für den nachfolgenden Sonntag vorbereitet, an dem die äußere Feier des Patroziniums angesetzt ist. Nebst Festamt am Vormittag und Segensandacht am Nachmittag gibt's im Anschluß an die heilige Messe eine Sakramentsprozession, bei der offenbar diese, ich nenn' das jetzt mal, "Schildleuchter" mitgeführt werden. Auf den Schilden sind Darstellungen zu Rosenkranz-Geheimnissen und weiterem biblischem Szenario.
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Letztlich blieb ich etwas länger vor Ort als geplant: Zur Einstimmung prozessierte die Gemeinde am Samstagabend nämlich schon mal mit Kerzen um den Klosterberg, nachdem mich die Wallfahrtsmesse davor für die morgendliche Betsingmesse zumindest mit Credo III und einigen Missa de angelis-Relikten (besser als nix) ein Stück weit "entschädigt" hatte - ja, selbst die "Bauern" auf dem Dorf können lateinisch singen!!!! Zudem wurde jede Menge an marianischem Liedgut in Messe und Umgang gepackt, welches unter so ziemlich jedes Verdikt einer zeitgemäß-fortschrittlichen liturgical correctness fällt. Es tut einfach gut, ab und zu am eigenen Leib zu erfahren, daß zumindest Teile der katholischen Welt noch in Ordnung sind.
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Zuletzt wieder mal was vom ortsansässigen Andachtsbildchen: "Altes Gebet vor dem Gnadenbild in St. Märgen":
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Sei gegrüßt, heiligste Jungfrau, Mutter Gottes, Mutter der Barmherzigkeit, Zuflucht der Sünder und Trösterin der Betrübten! Dir sind alle meine Anliegen bekannt. Deswegen komme ich zu Dir und verehre Dich mit allen Gläubigen auf Erden und allen Heiligen im Himmel. Ich danke Dir für alles Gute, das ich von Dir und durch Deine Fürbitte von Gott empfangen habe. Demütig bitte ich Dich, Du wollest mich in meinen Anliegen nicht verlassen. In Deinen mütterlichen Schutz und Deine Fürsprache befehle ich alles und erbitte mir wahre Buße und Besserung meines Lebens. Ferner bitte ich Dich um Gesundheit des Leibes und der Seele, damit ich Gott in Treue diene und durch die unendlichen Verdienste Deines Sohnes zur ewigen Seligkeit gelange.

Amen.

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Glaubenskrise zu Mariä Himmelfahrt hereingebrochen

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Politiker, so weit das Auge reicht: Zwischenzeitlich sind in Zollitsch City die Straßen flächendeckend mit Wahlplakaten dekoriert worden. Zumindest von jenen Parteien, die schon jetzt im Bundestag lagern. Aber der Rest spielt sowieso keine große Rolle ...

So strahlen mich also bis zum 27. September von allen Ecken an bzw. glotzen von Laternen und Bäumen auf mich herab:

a) Ein feister CDU-Jungpolitiker, angeblich der Typ karrieregeiler Neuling, welcher, so geht die Runde, das Leben draußen vor allem durch den Blick aus dem Fenster eines örtlichen Parteibüros kennen gelernt hat.

b) Ein alter sozialdemokratischer Kämpe, der aktuell Staatsminister ist und deswegen garantiert viel Zeit in die Interessen seines Wahlkreises investieren kann, aber einen narrensicheren Platz auf der Landesliste hat.

c) Eine Grüne, die vor einigen Jahren nach ihrer Nominierung zur Bundestagskandidatin ohne mit der Wimper zu zucken - sinngemäß - ausgeplaudert hat, sie habe mit ihrem FDP-Papa und -Unternehmensberater vor dem Spiegel geübt, wie man am besten rüberkommt.

d) Ein Fahrlehrer von der FDP. Also jemand, der immerhin einem anständig-normalen Beruf nachgeht. Aber leider an Gelbsucht leidet.

e) Bislang gesichtslose Parolen von den Linken. Gesichtslos ist hier übrigens keineswegs negativ gemeint, die Dame schaut so aus. Hier scheinen die Parolen freilich kruder als das Äußere der Bewerberin.

Die Plakate sind in der Nacht zu Mariä Himmelfahrt aufgetaucht. Nun mag das Dogma der Aufnahme Mariens mit Leib und Seele in den Himmel der menschlich begrenzten Vernunft nicht wirklich verdaulich deuchen. Die meisten Wahlversprechungen sind es auch nicht gerade.

Nehmen wir die beiden großen "Volksparteien": Unions-Angie will Steuern und Abgaben wahrscheinlich im tiefen Loch des Staatsdefizits und der Schulden ver-senken, derweil Sozi-Frankwalter in etwas mehr als zwei Legislaturperioden Vollbeschäftigung organisieren möchte. Mich erinnert das an Schröders "Versprochen", innerhalb einer Legislaturperiode die Arbeitslosigkeit zu halbieren - also quasi "halbe" Vollbeschäftigung zu schaffen, was damals schon in die Hose ging.

Aber Politker rechnen anders. Wie beispielswegen bei der letzten Wahl. Damals summierte sich die zweiprozentige Erhöhung der Mehrwertsteuer, welche die Union bereits vor der Wahl in einem Zweidrittelanfall von Ehrlichkeit angekündigt hatte, mit der vormaligen absoluten MwSt-Rauf-Ablehnung des nachmaligen Koalitionspartners am Ende auf drei Prozent. Auf dem Rechenschieber sah das plötzlich so aus: 2 + 0 = 3. Aha.

Warum schütteln einige Zeitgenossen eigentlich mit dem Kopf, wenn Katholiken an die Himmelfahrt Mariens glauben?

Samstag, 15. August 2009

Sursum corda!

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Hodie
Maria Virgo caelos ascendit:
Gaudete!
Quia cum Christo regnat
in aeternum.
-
Heute
stieg Maria, die Jungfrau, empor in den Himmel:
Freut euch!
Denn sie herrscht mir Christus
in Ewigkeit.
(Magnificat-Antiphon der 2. Vesper)
*
Auctoritate Domini nostri Jesu Christi,
beatorum Apostolorum Petri et Pauli
ac Nostra pronuntiamus,
declaramus et definimus
divinitus revelatum dogma esse:
Immaculatam
Deiparam semper Virginem
Mariam,
expleto terrestris vitae cursu,
fuisse corpore et anima
ad caelestem gloriam assumptam.
-
In der Autorität unseres Herrn Jesus Christus,
der seligen Apostel Petrus und Paulus
und in der Uns eigenen verkünden
und erklären wir und setzen fest
als eine von Gott enthüllte Wahrheit des Glaubens:
Die unbefleckte
und allzeit jungfräuliche Gottesmutter
Maria
wurde, nachdem sie ihren Weg durch das irdische Leben vollendet hatte,
mit Leib und Seele
in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen.
-
(Das am 1. November 1950 durch Pius XII. verkündete Dogma)
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Und ein wenig weitergedacht mit Goethe
...
Blicket auf zum Retterblick,
Alle reuig Zarten,
Euch zu seligem Geschick
Dankend umzuarten.
Werde jeder beßre Sinn
Dir zum Dienst erbötig;
Jungfrau, Mutter, König,
Göttin ;-), bleibe gnädig.

Freitag, 14. August 2009

Lectiones liturgicae: Dormitio Mariae - zum Heimgang Mariens

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... "So ist auch Maria in Ruhe und Stille in das Reich ihres Sohnes hineingewachsen. Das heißt nicht, daß sie nicht sterben sollte. Als Tochter Adams mußte auch sie diesen Tribut zahlen. Aber der leibliche Tod war für sie nur der Übergang zu dem Leben, in dem sie längst stand. Mystisch war sie mit ihrem Sohne gestorben, da sie unter dem Kreuze stand, ja schon als sie sprach: 'Mir geschehe nach deinem Worte' (Lk 1, 38). Deshalb hat der leibliche Tod seinen Schrecken verloren, hat nichts Gewaltsames, Furchtbares an sich. (...)

Wer den mystischen Tod gestorben ist, der braucht den leiblichen Tod gewissermaßen nicht mehr. Er ist nur wie ein Siegel zu dem, was längst vorhanden ist; er ist die Beseitigung des letzten Hindernisses, das noch der Fülle des Lebens den Eintritt verwehrte.

Deshalb das Friedliche, Ruhige, Triumphierende an dem Tode der heiligen Jungfrau-Mutter Maria. Sie war ein vollendetes Opfer, rein verbrannt in der Agape und verklärt in der Gottesschau, vollgeweiht durch das Pneuma; es bedurfte nicht mehr der gewaltsamen Opferung im Blute, sondern nur noch der letzten Annahme, der Aufnahme: 'Aufgenommen ist Maria in den Himmel, es freuen sich die Engel" ...

Odo Casel OSB: Aufnahme Mariens in den Himmel. In: Casel OSB: Das christliche Festmysterium. Paderborn 1941.


Donnerstag, 13. August 2009

Zur Vigil von Mariae Himmelfahrt - AD D. VIRGINEM ASSUMPTAM IN EIUS PERVIGILIO

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Quae est ista, quae ascendit de deserto deliciis affluens,
innixa super dilectum suum?
Cant. 8
*
Wer ist die, die da heraufsteigt aus der Öde in Herrlichkeit,
gelehnt an ihren Geliebten?
Hoheslied 8, 10
*
Quo die terris properans relictis
Tota migrasti super astra Virgo,
Floribus stratum tibi tergus incur-
vavit Olympus.
*
Damals,da du eilends die Erde ließest
und entschwebtest über die Sterne, Jungfrau,
neigte sich vor dir des Olympus lilien-
tragender Rücken:
*
Dulce te visa gradiente coeli
Carmen auditum resonare: Qualis
Ista per nigrae loca senta silvae et
Horrida tesqua,
*
Süßes Lied ertönte, wie du heraufkamst,
durch die Himmel ward es gehört: Wer ist sie,
die durch Dornengestrüppe des dunklen Walds und
düstere Öde ...
*
Qualis ascendit Dea? Tota pulcra
Gaudiis gemmat liquidis suoque in-
nixa Dilecto volucreis per auras
Floribus halat!
*
... aufsteigt, eine Göttin? In Schönheit leuchtet
sie und klaren Freuden, an ihren lieben
Sohn gelehnt, und atmet mit Blumen durch die
schwebenden Lüfte!
*
Talis in seram, sua regna, noctem
Luna cum venit, tenuatur Arctos,
Pallet Arcturus positoque ferro
Languet Orion.
*
So tritt Luna spät in der Nacht in ihre
Herrschaft, überleuchtet den Großen Bären,
dann erbleicht Arktur, und es legt die Waffe
nieder Orion.
*
Talis electi speciosus oris
Phoebus Aurora lacrymante ridet,
Quando cristatis avibus coruscum
Mane precatur.
*
Und so lacht mit strahlendem Antlitz Phöbus,
schwindet unter Tränen die Morgenröte,
wenn mit seinem Schimmer den buschigen Vögeln
frühe der Tag ruft.
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Inter has voceis magis elevata
Bracchiis Nati superas id omne,
Quod Deus non est, animumque toto
Numine mergis.
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Unter solchen Stimmen, von deines Sohnes
Arm emporgeführt, überholst du alles,
was nicht Gott ist, tauchst mit dem Geist ins volle
Wesen der Gottheit.
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Merge: dum dulci maris e profundo,
Quod superfusum bibis, una saltem
Gutta distillet lacrymasque nostri
Temperet orbis.
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Tauch hinein - ein Tropfen nur aus der süßen
Meerestiefe, die du unendlich trinkest,
möge niederträufeln, um unsrer Erde
Tränen zu lindern.
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Aus den Dichtungen des Jesuiten Jakob Balde (1603 in Ensisheim / Elsass bis 1668 in Neuburg an der Donau), übertragen von Max Wehrli.
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