Montag, 25. Januar 2010

Mausespeck und Messe




Robbie ist kein Freund der "alten Messe", aber das mag ja jeder halten, wie er will. Immerhin ist die Freizügigkeit im Umgang mit dem "außerordentlichen römischen Ritus" selbst in Robbies Erzbistum um einige Promille gestiegen, seit Benedikts MP-SP in die weiland heile Welt unser aller Konzilsanerkenner geworfen wurde. Zur damaligen Zeit hätte man das vielleicht trendig THE MASS 2.0 nennen sollen, die Messe für eine neue Zeit, für das 21. Jahrhundert, oder man hätte irgendwie sonst so ein Marketinggelutsche dranbinden können. Aber was soll's, Robbie beherrscht Luftblasensprech ja sowieso selbst so gut, daß er dieser Strategie nicht auf den Leim gekrochen wäre. Na dann, obiges Bild zeigt jedenfalls die "tridentinische" Messe in der Adelhauser Kirche von Zollitsch City, die über den Daumen gepeilt jeden zweiten Sonntag gefeiert werden darf. Mehr Rücken-zum-Volk-lateinisch-Murmeln ist im Schatten von Robbies Münster eben nicht drin. Die Aufnahme habe ich vor rund zwei Jahren gemacht, zu Septuagsima - wie das geübte und nicht farbenblinde Auge sieht, gab es damals noch einige kleine Startschwierigkeiten ...

Am Wochenende schnappte ich nun einen Beitrag in DeutschlandradioKultur auf, befragt wurden Katholiken, wie sehr der Glaube ihrer Kindheit bis heute ihr Leben beeinflußt. Die einen waren in der Diaspora groß geworden, die anderen in strunzkatholischen Gegenden. Was blieb nun vom Glauben übrig? Gemischte Antworten, von zwischenzeitlich kritisch-kirchendistanziert bis kirchlich voll engagiert. Eröffnet wurde der Beitrag sinngemäß mit der Frage, was in der Kindheit und Jugend besonders als "katholisch" erlebt wurde. Die Antworten kreisten, erstaunlicherweise fast immer positiv konnotiert, um Gottesdienst und Volksfrömmigkeit. Den Kindern von einst haben sogar lateinische Messen gefallen, bis hin zu Choralämtern. Und dann: Prozessionen, Weihrauch, brausende Orgeln, das ganze Ein-Haus-voll-Glorie-Aufgebot. Von Konzilsgeistneuerungen (so nach dem Motto "Da hatten wir den total tollen Aufbruch in unserer Gemeinde bla bla bla") hingegen kein Sterbenswörtchen.

Wenn Kinder irgendwas richtig können, dann staunen. Als Erwachsener verlernt man das leider meistens etwas.

Jetzt bin ich mir nicht sicher, welchen Erstaunungsgrad "kindgerechte" Eucharistiefeiern und Brabbel-Gottesdienste heutigen Datums haben, aber ich schätze, er fällt nicht allzu hoch aus. Ich weiß nur noch, daß ich als kleiner Junge mal rumgeheult habe, als in einer Messe das Orgelspiel durch Klampfen ersetzt wurde. Und ich bin heute noch froh, daß bei meiner Erstkommunion dann doch die Orgel zum Einsatz kam, exklusiv. Von Klampfen oder gar ganzen Bandzusammenrottungen keine Spur, Deo gratias.

Und soll ich noch was sagen? Meinen Glauben verdanke ich der Orgel. Unsere neoromanische Kirche war zu meiner Kinderzeit ganz frisch entmöbelt (zwischenzeitlich hat das ästhetische Empfinden den Konzilsgeist alldorten schon wieder rechts überholt) und unwirtlich. Nix zum Staunen. So ganz verstanden habe ich die Messe auch nicht, war halt irgendwas mit Jesus und dem heiligen Brot oder so. Aber die Orgel! Ich erlaube mir mal einen Ausdruck, den ich damals natürlich nicht kannte, der es aber schlicht auf den Punkt bringt: Orgel war geil! Wegen der Orgel bin ich auch nach der Erstkommunion noch immer weiter hingegangen, den Rest hat der liebe Gott dann noch nachgekartet.

Fazit: Meinen Glauben verdanke ich reichlich traditionsbefrachtetem Mausespeck. Und mein Glaube wurde - wenn ich so vermessen sein darf, das so zu sagen - immer reicher, je mehr ich von diesem Mausespeck kosten durfte. Vielleicht sollte Robbie doch noch die ein oder andere MASS 2.0 genehmigen. Oder zumindest mehr Sorge dafür tragen, daß der "ordentliche" Ritus auch ordentlich gefeiert wird - das wäre ja auch schon für sich genommen staunenswert ...

2 Kommentare:

Mathias Faustmann hat gesagt…

Sehr, sehr gut, lieber Mitbruder. Ich staune heute oft darüber, daß man als ahnungsloses Kind doch schon so etwas wie einen untrüglichen Instinkt für das Authentische hatte. Bei mir waren es die Meßdiener: Schon lange bevor ich selber einer werden konnte, bemerkte ich, daß sich bei manchen eine gewisse Nachlässigkeit einschlich. Ich glaube ich konnte als Sechsjähriger sehr eingeschnappt sein, wenn einer da vorne die Hände nicht richtig faltete.

Altenbochumer hat gesagt…

Ja, die liebe Kindheit. Meine Mutter erzählt noch heute davon, dass ich im Bauch ein äußerst ruhiger Knabe war - beim Messbesuch aber immer getreten habe.

In meiner Kleinstkinderzeit habe ich, fleissig von den Eltern zur Messe gedrängt, die Zelebrantengesten nachgeahmt.

Und was die Orgel betrifft: In meiner wirklich katholischen Kinderzeit bei meiner Oma wurde der lit. Gruß zur Präfation von der Organistin in jedem Sonntagshochamt mit vollem Werk angekündigt. Da bin ich jedesmal voll aus dem Leben abgeholt worden. Aufstehen war da absolut selbstverständlich.

Was würde ich heute um eine CD-Aufnahme dieser Einleitungen geben!