Sonntag, 7. März 2010

Der Drecksladen

 

Nun sind es also schon "Hunderte von Mißbrauchsfällen", wie mir vorhin aus der Glotze entgegenschallte, welche die katholische Kirche in Deutschland zu verantworten habe. Ja ja, das Fernsehen, die Zeitung, die Geißlers und Schnarrenbergers und Heinemänninnen im Lande, alle würgen sie der Kirche ordentlich eins rein ... aber mal ganz ehrlich ... über den Aufbauschjournalismus mancher Medien und dessen Einflüsterer mag ich mich kaum noch ärgern, weil die tatsächlichen Fälle unerträglich genug sind. Das Maß ist voll. Wäre sie nicht Teil der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche, streitend, leidend, triumphierend, Teil der Gemeinschaft aus Heiligen und, nun ja, Sündern, wollte ich sie also als menschliche Institution und nur als solche ansehen, ich müßte sagen: Der Verein ist ein Drecksladen.

Und in gewissem Sinne ist er das auch, zumindest das, was sich deutscher - man könnte aber auch sagen: deutschsprachiger - Katholizismus schimpft. Der unsägliche sexuelle Mißbrauch, verantwortet von einer doch sehr überschaubaren Minderheit unter Priestern und Laien, scheint mir nämlich nur die allerhäßlichste aller Fratzen zu sein, die den über weite Strecken erbärmlichen Zustand der kirchlichen Jugendarbeit und generell das kirchliche Leben im Lande bezeichnen.

Diese "Kirche" mit ihrem ganzen fetten Tross an kirchensteuerfinanzierten Posten, Pöstchen und Planstellen, mit ihren Ämtern und Akademien, mit Instituten und Institutionen sonder Zahl, diese "Kirche" verdunkelt allzu oft das Bild Gottes in den Menschen. Oder um beim Thema zu bleiben: in den jungen Seelen, manchmal durch sexuellen Mißbrauch (nochmals: schlimmer geht's kaum), zumeist aber auch, indem sie es überhaupt nicht aufstrahlen läßt.

Man muß sich nur einmal überlegen, daß keine Kirchenverwaltung rund um den Erdkreis über eine ähnliche finanzielle Ausstattung und einen vergleichbaren Apperat verfügt als die katholische Kirche in Deutschland. Was könnte man da alles anstellen! Und was passiert? Bestenfalls spielt man Sozialamt mit Stola, und selbst da wird man zunehmend unglaubwürdig: Die Botschaften hör ich wohl, allein, es fehlt der Glaube ...

Wo aber dieser Glaube noch vorhanden ist, sei es bei Priestern, sei es bei Laien, da kann er schon froh sein, wenn er nicht oberhirtlichst schräg angesehen oder gar sabotiert wird.

Wofür werden Kinder und Jugendliche eigentlich jahrelang durchkatechesiert, wenn sie danach bestenfalls eine schwammige Ahnung vom Glauben der Kirche haben? Wozu ganze Heerscharen dicke bezahlter Apostasie-Beihelfer, ob mit oder ohne Weihe, die von der Schönheit des Glaubens ebensowenig wissen (wollen) wie von dessen Herausforderung? Bei denen der "Glaube" so sehr "die Erde liebt", daß er den Himmel längst vergessen hat und die Hölle leugnet? Wozu eine Kirche, die vor lauter liturgischer Kreativität und Animation das Beten längst verlernt hat? Wozu eine Liturgie, in der die Rhetorik des Betens oft wichtiger scheint als der Inhalt? Wozu das ganze Theater? Dieses ganze hohle Theater!

Vielleicht schließt sich hier der Kreis? Wo alles nur noch pro forma über die Bühne geht (und das gilt leider ebenso für die vermeintlich "gute alte Zeit" wie für die Gegenwart, nur daß sich die Formen gewandelt haben), wo der Glaube schal, die Hoffnung vertrocknet und die Liebe zur Schlagzeile geraten ist, da steht dem Bösen Tür und Tor weit auf. Die Mißbrauchsfälle sind nur ein besonders ekliges Symptom davon.

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