Sonntag, 4. Oktober 2009

Zum Erntedank




Quam multa sunt opera tua, Domine!
Omnia cum sapientia fecisti:
plena est terra creaturis tuis.

Wie zahlreich sind, Herr, Deine Werke!
Sie alle hast Du mit Weisheit geschaffen:
Erfüllt ist die Erde von Deinen Geschöpfen.

(aus Psalm 103)



Der Erntedanktag weckt in mir immer zwiespältige Gefühle ... oder sollte man nicht eher sagen: das schlechte Gewissen? Natürlich ist es würdig wie recht, Gott für seine Gaben zu danken und Freude an ihnen zu haben. Und natürlich sind Erntedankaltäre dekorativ obendrein. Auch zähle ich mich eigentlich nicht zu den Gutmensch-Spaßbremsen, die jeden sinnvollen und schönen Brauch mit tausend Bedenken hinterfragen müssen. Doch beschleicht mich an Erntedank auch der Eindruck, daß der ganzen Veranstaltung etwas fast Verlogenes anhaftet. Zu Erntedank geben wir uns gerne der hübschen Illusion hin, daß mit unserem täglichen Brot und der Art, wie wir es produzieren, alles in bester Ordnung sei. Da sind die Bauern zufrieden, die Kühe glücklich, die Schweine froh und die Hühner munter. Dabei hat das meiste, was wir uns Tag für Tag zwischen die Zähne schieben, mit dieser Vorstellung wenig gemein. Intensivwirtschaft sorgt für eine Fülle, bei der wahrscheinlich ein Drittel entweder weggeschmissen oder so billig in arme Länder verramscht wird, daß die Bauern dort auf ihren Ernten und Erzeugnissen sitzen und folglich allzuoft konsequent arm bleiben. Gott dafür zu danken, daß wir Tag um Tag satt werden, ist, finde ich, nur ehrlich, wenn uns diese Ungerechtigkeit als Stachel im Fleisch sitzt. Die Forderung nach Gerechtigkeit in der Welt sollte man nicht nur den Linken überlassen. Die Zeit ist überreif für eine echt katholische Variante einer "Befreiungstheologie", die Orthodoxie und Orthopraxis auf einen gemeinsamen Nenner bringt: damit wir die irdischen Güter so gebrauchen, daß wir die himmlischen nicht verlieren.

1 Kommentar:

Maria Magdalena hat gesagt…

Der Tabernakel ist wunderschön!