In den letzten Tagen flatterte ein Text durch die Blogozese (bei Katholik und Alipius etwa), der es verdient, nochmals aufgegriffen zu werden. Ein Seminarist aus Nigeria, derzeit als Student im Stift Heiligkreuz, hält dem verschnarchten Eurokatholizismus eine Standpauke. "Jetzt ist die Zeit aufzuwachen, jeder soll auf seine Weise und in seinem Lebensumfeld sprechen. Lest! Schreibt! Sprecht laut!" gehört zu den Kernsätzen eines Beitrags, der sich stellenweise wie eine Brandrede liest. Wie auch das hier: "Laßt alle in eurer Umgebung merken, das ihr ein Christ ist. Wo seid ihr? Was seht ihr? Was hört ihr? Was wißt ihr? Sprecht laut!"
Der Verfasser spricht den einzelnen Christen an; und das ist kein Schaden. Das großartige Phänomen eines gelebten Glaubens ist nicht nur, aber auch nicht zuletzt der Glaube der vielen Einzelnen, die in ihrem Leben die Verkündigung - mehr als nur sprichwörtlich - beglaubigen. Darüber bedarf es keiner Diskussion.
Dieses "Beglaubigen" fällt allerdings leichter, wenn man sich in einer großen Gemeinschaft geborgen weiß, die geistig wie emotional Rückhalt bietet. Die Kirche als Gemeinschaft der Heiligen tut dies, aber dieser Rückhalt ist eher geistlicher Natur. Auf die Kirche als Institution, die im Hier und Jetzt konkret den Rücken stärkt, die sich nicht schämt, ihre ganze Botschaft mit allem Mut und aller Zumutung der Welt zu verkünden, auf diese vielbeschworene "Ortskirche", ist hingegen kaum noch Verlass. Wer heute in seinem persönlichen Umfeld die Lehre der Kirche vertritt, muß damit rechnen, daß der nächstbeste Oberhirte tags darauf in der Zeitung eben diese Lehre relativiert und zwei Spalten später vor bösen Fundamentalisten warnt. Ein nicht geringer Teil der Geistlichen verkündet das Wort nur noch, wenn es gelegen scheint. Der Rest fällt unter den Tisch oder wird umgebogen, bis es gelegen dünkt.
Stehen wir also allein auf weiter Flur? Ja und nein. Nein, weil sich etwa in der Blogozese Katholiken versammelt haben, die sich gegenseitig stärken können. Ja, weil es meiner Meinung nach in Deutschland (wie in anderen Ländern) an einer wachen und schlagfertigen katholischen Bewegung fehlt, die über einen ansehnlichen Mitgliederstamm verfügt und sich nicht so schnell ins Boxhorn jagen lässt. Ich meine damit eine, das klingt jetzt etwas eckig, Art "Katholiken von unten für eine Kirche von oben".
Man mag einwenden können ... gibt es denn nicht das Forum deutscher Katholiken? Und was ist mit den Intiativkreisen? Und den ganzen Missa-tridentina-Truppen? Und was ist mit dem Opus Dei? Oder mit Communione e liberazione?
Hand auf's Herz! Vom Forum höre ich in der Regel nur etwas, wenn der jährliche Kongress über die Bühne geht, danach herrscht deutschlandweites Schweigen im Wald. Die Initiativkreise scheinen bis auf wenige Ausnahmen scheintod zu sein. Missa-tridentina-Gruppen mag ich herzlich, aber oft sind sie schon zufrieden, wenn das Ordinariat eine regelmäßige Messe genehmigt (jeden 29. Februar um 5.55 Uhr in der St. Nimmerlein-Kapelle auf dem hohen Buckel; Messe entfällt, wenn der 29. auf einen Sonntag fällt). Ist die Messe genehmigt, hält man Burgfrieden, ehe dem Ordinariat eine weitere Einschränkung einfällt (Teilnahme nur bei gleichzeitigem Bekenntnis zur Handkommunion?). Opus Dei und Communione scheinen mir wiederum schon zu eigen - die dort gelebte Spiritualität ist nicht jedermanns Sache.
Eigentlich schwebt mir ohnehin etwas "Rebellischeres" vor, eben ein kirchentreues Pendant zu all jenen Vereinigungen und Initiativen, die gerne öffentlichkeitswirksam ihre Leiden an der Kirche inszenieren. Von denen kann man immerhin was lernen. Pressure-Groups bilden, Druck machen, für Aufsehen sorgen: Zeigen, daß es auch Katholiken gibt, die auf Kirche als Zeitgeistverein pfeifen. Die dem kirchentreuen Katholizismus in Deutschland eine Stimme geben, die nicht überhört werden kann. Die durch pfiffige Aktionen aufmerksam machen, aber vernünftig genug sind, nichts zu unternehmen, was den anderen leicht Gelegenheit bietet, sie in die Fundi-Ecke zu schieben.
Man stelle sich folgendes vor: 2.000+ Katholiken würden am 2. November 2009 einen Brief an ein bestimmtes Zentralkomitee abschicken, in welchem sie es sich für die Zukunft eindeutig verbitten, weiterhin nominell von einem Gremium vertreten zu werden, welches sie nie demokratisch legitimiert haben und dessen Stellungnahmen häufig bis meist weder dem eigenen katholischen Glaubensverständnis entsprächen noch jenem der Kirche. Das wäre doch schon ein guter Anfang ...
Nebenbei: Solche katholisch subversiven Aktionen wären mit dem Forum kaum zu machen, da dort immerhin konservativere Teile der Hierarchie eingebunden sind, die solche Scharmützel gegen ganz bestimmte Phänomene des Germano-Katholizismus kaum mittragen könnten, zu groß wäre die Zerreißprobe.
Nehmen wir noch ein anderes Beispiel: Tridentinische Messen werden gelegentlich mit der Begründung abgelehnt, daß zuerst für den normalen Pfarrgottesdienst Sorge getragen werden müsse. Das kann man akzeptieren. Dann aber erwarte ich auch von den zuständigen Ordinarien, daß sie dafür Sorge tragen, daß allerorten dieser "normale Pfarrgottesdienst" (anhand der liturgischen Vorschriften) gehalten wird. Wenn Priester irgendwelche Larifari-Messen veranstalten wollen, dann sollen sie dafür zusätzliche Gottesdienste anberaumen und meinetwegen ihren liturgiefreien Tag opfern. Auch hier könnte man den Verantwortlichen mal einheizen. Es müssen nur genug sich finden, die mitmischen ... oder wie das ganz zeitgemäß heißt: Sich einmischen.
Sätze wie "Kirchentreue Katholiken müssen zu einem ernsten Machtfaktor in der katholischen Kirche Deutschlands werden" sind zugebenermaßen etwas degoutant, denn ein anderer Machtfaktor als vorrangig Christus und dessen römischer Vicarius kann es in der Kirche eigentlich kaum geben. Aber da sich andere darum nicht scheren und ehe andere Macht an sich reißen, gilt es meines Ermessens ernsthaft zu überlegen, wie gegengesteuert werden kann. Vom Episkopat ist, fürchte ich, jedenfalls nicht viel zu erwarten. Oder vielleicht bräuchte so mancher Bischof sogar eine konservative Rebellentruppe im Rücken?
"Sprecht laut!" ... je mehr Stimmen, desto lauter der Chor.
Christus vincit - Christus regnat - Christus imperat - Viva la Revolución ;-)
Was denkt ihr? Sind diese Gedanken angemessen? Berechtigt? Sinnvoll? Läßt sich damit etwas bewegen? Und wenn ja, wie sollte man es anpacken?
17 Kommentare:
Ich bin dabei.
Die Idee gefällt mir.
Ich sympathisiere.
Papsttreue Anarchen - das klingt ganz gut (so ein bisschen nach Quadratur des Kreises).
Nur: wohin die Reise? Frustrierte Priester an ihre Dienstvorschriften erinnern? Kann's ja allein nicht sein. Das wäre ja mehr eine Art Hilfs-Polizei...
Erklär' mir mal bitte: Warum am 2. November?
Communione e Liberazione auf Deutsch? Gabs da nicht mal was. Militante Aktionen? Alte Barockkirche besetzen, den Volxaltar rauskloppen und die Kirche dann mit Mollies und Pflastersteinen verteidigen? Weiß nicht, paßt irgendwie nicht richtig. Und wieso ausgerechnet an Allerseelen?
Wie wärs mit "Todo es nada. Solo dios basta" Teresas Tag ist aber schon am 15.10. Also es eilt
Also an eine RAF (Romtreue Armee Fraktion) dachte ich jetzt weniger, eher an eine katholische Aktion, die keinen Bock mehr drauf hat, um des lieben Friedens die zunehmende Säkularisierung und Glaubensaushöhlung (innerkirchlich wie in der Gesellschaft) schweigend bzw. lethargisch hinzunehmen. Die notwendigen Maßnahmen hierzu dürfen für kirchliche Kreise aber auch ruhig ungewöhnlicher Natur sein, natürlich ohne Mollies und Pflastersteine ... ;-)
Warum 2. November? Weil wir aktuell alle arme Seelen sind, die im säkularen Fegefeuer rumhängen? Nee, ich wollte einfach exemplarisch einen Termin benennen, um der Idee eine konkrete Verbindlichkeit mit auf den Weg zu geben. Irgendwie fiel mir dazu Allerseelen ein. Es hätte auch der 22.11. sein können, oder sonst ein Tag.
Bin dabei - werde das auch verlinken!
Nun, ein Brief, yoh, warum nicht?
Allerding hab ich immer so das Gefühl, dass man nicht genug geredet wird in den Pfarren... äh... geredet wird schon, aber irgendwie über solche umwerfend wichtigen Sachen wie: Wie schafft man es am Pfarrfest die Kuchentheke zu organisieren. Was keine unbedeutende Frage sein mag, aber... naja.
Ich habe immer das Gefühl es gibt bei sehr vielen Leuten, grade bei denen, die eher unter die Rubrik Geburtstagskatholiken fallen, schon ein Interesse da ist etwas über den Glauben zu erfahren, allerdings sind nur wenige Gemeinden trotz Gemeindereferenten und einem Heer katholischer Erzieher nicht in der Lage wirklich was zu vermitteln. Das mag daran liegen, dass Religion hier eine sehr private Sache ist und viele Leute schon eine Frage wie "An was glaubst Du eigentlich?" schon als Angriff auf oder Einmischung in Privatangelegenheiten werten. Sicher kann man sich -meinet wegen auch in schriftlicher Form- a) über die eloquente Sprachlosigkeit der Gemeinden aufregen und b) sich vor der schieren Unwissenheit der Leute gruseln, die sich in fehlender Ehrfurcht vor den Sakramenten an allen Ecken und Enden manifestiert, aber bringt es uns weiter?
Okay, man tritt Leuten auf den Schlips, die sich meist für die Helden im Erdbeerfeld halten, allerdings wird das kaum dazu bewegen das zu tun was man will, höchstens, dass sie einen als Feind wahrnehmen. Weil, egal wie man's vormuliert, ich befürchte, es wird immer als "holier than thou" ankommen.
Ich denke, die Glaubenskrise gibt es bei uns nur, weil es ein Defizit an wirklicher Verkündigung gibt. Mag ja sein, dass ich das nur so empfinde, weil ich es irgendwie nicht wirklich schaffe mich von den Staaten abzunabeln, weil für jemanden der so unglaublich faul ist wie ich es bin, es sehr viel einfacher gemacht wird sich in einer Gemeinde zuhause zu fühlen - es gibt oft "Welcome Program" für Leute die in den Bezirk ziehen- und da dort sog. Outreachs, Conferences, Parish-Missions sehr viel stärker beworben werden, neben der Tatsache das Catholic Radio und TV (with capital C) vieler Orts einfach zum Standardangebot der Diozösen gehören. Dies mag daran liegen, dass man weiß, dass Leute sich nicht in einer Gemeinde registrieren lassen, nur weil sie irgendwann mal getauft worden sind. Sicher gibt es dort auch Gemeinden, die ... naja... eher bescheiden sind, aber mir fehlen hier einfach viele Sachen. Mag ja sein, dass ich ein Einzelfall bin, aber ich habe grade unseren Pfarrbrief durchgeblättert und bei Terminen gibt es im neben Elternabenden und Chorproben im drei Monatsprogramm dreimal a)die Betstunde der Männer und b) das Treffen und Kafeetrinken der Frauen um 15 Uhr. Wer in der Welt ist an einem Wochentag um 15.00 frei? Wenn es sowas wie eine Gruppe gibt, die sich zu sowas wie Bible Sharing macht, Theology on Tap oder sich mit Enzykliken befasst, dann weiß der Editor des Pfarrbriefes nix davon. Ab davon, Wochentags existieren keine Messen und Beichttermine vor 8 und nach 18 Uhr bin ich die Einzige, die arbeiten muss?
Wie soll man einen Glauben verteidigen, von dem man so wenig erklärt bekommt und der unter der Woche so überhaupt nicht öffentlich passieren kann? Kann man den Leuten wirklich böse sein, wenn sie dann die Kritik am Glauben besser kennen? Denn die ist 24/7 auf allen Kanälen und jeder Grützkopf, der was zu meckern hat, darf in einer Talkshow zur Primetime seine Unsinn unters Volk bringen.
Ich bin dabei, engagiere mich gern auch was zeitintensiver dafür, wenn Du Hilfe brauchst und habe Dich verlinkt!!! Nieder mit den 68ern!!!!!!
ENDLICH!!! Sagt mir was ich wohin schicken muss und wieviele ich noch motivieren soll/muss...
Heh! ich BIN ein 68er. (es gibt da auch ganz nette, schnief)
Bin dabei.
@Johannes: Sorry, Du bist die Ausnahme :-)
Wenn Du ein altes Schandmaul wie mich dabei haben willst, bitte!
Fantastische Sache... Da bin ich auch dabei.Ich bin zwar nicht aus Deutschland , aber bei uns sind die Zustände genauso schlimm und ich hoffe, die Revolution breitet sich auch auf die Nachbarländer aus ;-))
Ach ja, verlinken wede ich das auf jeden Fall!!
Ja den Brief hab ich auch gelesen. Ich bin auch dabei, soweit ich das ganze von Mexiko aus unterstuetzen kann.
Was mir in meiner Gemeinde (in D) immer wieder auffaellt ist das mangelnde Glaubenswissen der Gemeindemitglieder.
Den meisten werfe ich das ueberhaupt nicht vor, denn woher soll es kommen? Klar man kann sich selber informieren aber nicht jeder hat die Zeit und Musse dazu und ich glaube auch, dass man erst eine gewisse Grundlage braucht um so begeistert zu sein, dass man sich selber fortbildet.
Ich hab auch an mir selber gemerkt welch eklatante Luecken sich da oft auftun. Ich bin katholisch getauft und eigentlich immer in Verbindung zu meiner Gemeinde gewesen, aber viele viele Dinge ueber den Glauben wurden mir erst klar, nachdem ich vor ca. 2 Jahren beschlossen habe mit dem Glauben ernst zu machen und mich viel tiefer damit beschaeftigt habe. Gott sei Dank!
Was mir in der Gemeinde fehlt, und was man auch aendern kann (und wir auch mit ein paar Leuten anstossen wollen) ist eine Art Katechese-Reihe zum Katholischen Glauben. Irgendwie abends oder Sonntags nach dem Hochamt. Unser Plan ist es externe Kraefte zu besorgen, weil das einfach die Attraktivitaet erhoeht und etwas Abwechslung in das ganze bringt. Das ganze irgendwie nett verpackt, aber nicht zu viewl, um nicht abzulenken, vielleicht eine Andacht oder Anbetung oder was auch immer. Hoffe das klappt!
Also, finde die Aktion super.
Catholicism NOW!
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