Samstag, 6. November 2010

Wer keinen Ritus hat, der ...

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... hat auch beim Basteln von Ritualen kein glückliches Händchen. Diesen Eindruck hatte ich nach dem Besuch der Allerseelenmesse in meiner Pfarrkirche am vergangenen Dienstag. Im Wortgottesdienst ließen die Verantwortlichen ihrer Kreativität freien Lauf. Leider.


Doch vorweg: Die Anlage zielte vor allem darauf, die Angehörigen der Verstorbenen zu trösten; die Gemeinde hatte zu dem Gottesdienst die Familien, die im vergangenen Jahr einen Menschen verloren hatten, eigens angeschrieben und eingeladen. Erst einmal eine schöne Sache, zumal die Trauernden zu trösten ein Werk der Barmherzigkeit ist. Nur - der Allerseelentag weist, wie die gesamte klassische liturgia defunctorum, über den Trostaspekt hinaus: Wir beten nicht nur, nicht einmal in zweiter Linie, für uns selbst, wir beten vor allem für die Verstorbenen. Und es ist ein falscher, weil irreführender Trost, die Menschen nicht in der Hoffnung, sondern in der Gewißheit zu bestärken, daß sämtliche Verstorbenen ohnehin von Gott bereits aufgenommen seien.


Das Ritual. Nach Einzug und Lied, in dem passenderweise bereits das Kyrie geparkt war (GL 523), erfolgte nach einer kurzen Eröffnung das Totengedenken. Zwei Lektoren verlasen die Namen, in Vierergruppen zusammengefasst. Zu jeder Gruppe nahm sich ein Ministrant eine Kerze, entzündete dieselbe am Osterlicht und stellte sie auf ein über die Chorstufen drappiertes violettes Tuch. Weil es nun der Namen viele waren, wurde die Angelegenheit etwas unruhig, zumal die Ministranten offenbar nur kurzfristig informiert worden waren, was sie zu tun hätten. Entsprechend holprig startete die Aktion. Vor allem ein Lektor schielte dann regelmäßig vom Ambo zu den Ministranten herüber, ob die denn schon fertig wären. Auch wurden die Namen zeitweise zu schnell heruntergelesen. Wenn man schon solche Rituale entwirft, dann sollte man sie auch ernst nehmen und ernsthaft praktizieren (und am besten in einer der Messe vorgelagerten Andacht).


Die Predigt war, der Betröstungsabsicht entsprechenden, sehr homozentrisch angelegt. Der Gottesname aus dem brennenden Dornbusch bedeutete natürlich einmal mehr, daß Gott für die Menschen "da" ist. Gott scheint nicht mehr das absolute, in sich selbst ruhende Esse zu sein, sondern ist vor allem Gott, weil er für uns da ist?!? Daß man überdies den letzten Artikel des großen Glaubensbekenntnisses et exspecto ressurectionem mortuorum et vitam venturi saeculi mit "Wir erwarten (im Sinne von "drauf pochten"!!!) die Auferstehung von den Toten und das Leben der kommenden Welt" übersetzen könne, deucht mich etwas befremdlich. Nach Auskunft des Wörterbuches kann man exspecto ja mit allerhand übersetzen, aber sicher nicht mit genau-das-wollen-wir-von-dir-haben-basta. Da entböte sich noch eher eine "kritische" Variante: "Und mit Blick auf die Auferstehung von den Toten und das Leben der kommenden Welt warten wir mal ab".


Ansonsten business as usual: Eine Halleluja-Akklamation, die kaum einer kannte und deren Nummer der Organist auch nicht anzeigen wollte. Wahrscheinlich diente es auch pädagogischen Zwecken, daß der Ruf nach dem Evangelium wiederholt wurde. Dann weiter mit GL 296, 469, 482 und 473 plus zweites Hochgebet. Missa typica ...

2 Kommentare:

Sponsa Agni hat gesagt…

Das ist echt mittlerweile (auch hier) Business as usual, quasi...
*traurig*

Braut des Lammes hat gesagt…

Daß nicht wenigstens bei den seltenen Halleluja-Rufen die Nummer angezeigt wird (von der Möglichkeit, vorher mit den Gläubigen weniger bekannte Gesänge oder Akklamationen zu üben noch ganz abgesehen), da könnte ich auch immer wieder mal im Zick-zack springen.

Heute morgen hat der Priester "Geheimnis des Glaubens" in der zweiten Melodie angestimmt, die im GL drunter steht. Ich habe als einzige außer ihm im selben Ton geantwortet. Bei der dritten Zeile habe ich dann aufgegeben. Geisterfahrer, hunderte…