Mittwoch, 13. Juli 2011

Christentum neu denken und Dialoggrütze löffeln

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Wenn man wissen will, was unsere dialoggeilen Zeitgenossen aus dem Konzilsgeistcamp so umtreibt, sollte man ab und an bei Publik-Forum vorbeischauen. "Warum müssen wir das Christentum neu denken?" fragt man sich an der Reformfront und schiebt einen pensionierten Episkopalbischof aufs Parkett: John Shelby Spong glaubt nicht "an Gott als ein höheres Wesen, das mit Allmacht ausgestattet und in der Lage ist, in die Geschichte einzugreifen". Dafür kann der ehemalige Oberhirte der episkopalen Diözese Newark aber von der Erfahrung berichten, "von Gott durchdrungen" zu sein. Dies wiederum scheint auch bei Jesus der Fall gewesen, denn der weilandige Bischof begegnet Gott auch "im Menschen Jesus Christus".
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Diese Einsichten verdankt John Shelby Spong nicht zuletzt der Theologie Paul Tillichs, und von dort ist der Gang zur Feststellung bekanntlich nicht allzu weit, daß ihm der Abschied vom alten Gottesbild "nach Auschwitz" keineswegs schwer gefallen sei: "Das alte, übernatürliche Gottesbild starb für mich mit dem Holocaust". Welche Vorstellung von Gott bleibe, will Publik-Forum natürlich wissen. Spong: "Gott ist in den Tiefen unseres Lebens, Gott ist die Quelle der Liebe", blablabla, der KZ-Arzt Josef Mengele war, möchte man bei soviel Theolyrik anmerken, bis 1979 quicklebendig und bar jeder Reue - was oder wer da in den Tiefen des Lebens wirkte, möchte ich besser nicht wissen, die Quelle der Liebe wirds kaum gewesen sein. Ich meinesteils würde angesichts der aktuellen conditio humana unter diesen Umständen schnurstracks zum Atheisten.
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Weitere Höhepunkte dieses Glaubens, der sentimentsnah bekundet, "bei allen kirchlichen Glaubensbekenntnissen" sei "respektvoll anzuerkennen, dass sie, je auf der Höhe ihrer Zeit, das Beste sind, was unsere Ahnen im Glauben damals erfahren und formulieren konnten", sind hier zu finden. Vielleicht wäre es besser gewesen, Spong hätte seine Jugendtage nicht im amerikanischen Bible Belt zugebracht. Und vielleicht wäre es überdies besser gewesen, er hätte sich vor aller Tillich-Lektüre ein Wort des Vierten Laterankonzils zu Herzen genommen, das da besagt, "zwischen dem Schöpfer und dem Geschöpf" könne "man keine so große Ähnlichkeit feststellen, daß zwischen ihnen keine noch größere Unähnlichkeit festzustellen wäre" (Denzinger (37) 1991, Nr. 806). Vielleicht hätte das Spong ja davor bewahrt, das Kind gleich mit dem Bade auszuschütten.
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Gedanken, anverwandt jenen, wie sie Spong hier vorträgt, sind heutzutage natürlich auch im katholischen Allwetter-Zoo zu finden, etwa in den Ausführungen des Jesuiten Roger Lenaers. Interessant ist ferner, daß Publik-Forum mitten im Text des Gesprächs mit John Shelby Spong auf eine Umfrage unter dem Titel "Abschied vom personalen Gott" verweist. Auf die Frage, ob Gott in die Welt eingreife, bekunden 34 Prozent, daß er es nicht tue, aber, die Litanei kennen wir ja jetzt, "Grund des Seins und Quell der Liebe sei". 18 Prozent glauben nicht, daß Gebete und Liturgie Gott irgendwie zum Handeln bewegen. 25 Prozent erachten die Hoffnung auf einen helfenden Gott immerhin als trostreich, was aber irgendwie auch nach Autosuggestion riecht, denn nur 20 Prozent bekennen sich klar zu einem personalen Gott und geben an, dieser Glaube gehöre zu den Grundpfeilern des Christentums. Die Übrigen haben, irgendwie auch aufschlußreich, keine Meinung.
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Mal abgesehen von der Minderheit, die an einem personalen Gott festhält ... wie soll man mit dem Rest eigentlich diese derzeitige Dialoggrütze löffeln? 

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