Mittwoch, 19. August 2009

Ein starkes Mittel, die Dame festzuhalten.

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Das obige Bild ist ein Schnappschuß vom Mariä-Himmelfahrtstag zur Frühmesse ... es paßt vielleicht ganz gut in die (ehemalige) Oktav dieses Festes. Es paßt auch zum Eintrag, zu dem mich der Blog Rosenkranz-Atelier ein wenig inspiriert hat. Wer immer auch hinter dem Atelier steckt, knüpft offensichtlich nicht einfach nur einen Rosenkranz nach dem anderen, sondern macht sich auch Gedanken, welche Perlen und welche anderen Zutaten zu einem kleinen Kunstwerk kombiniert werden könnten, dem eine tiefere Bedeutung mit auf dem Weg gegeben wird. Diese 'Kunst des Knüpfens und Wirkens', dieses 'Einweben eines Heilsgedankens' erinnert mich an eine Passage aus Franz Werfels Lourdes-Roman Das Lied von Bernadette. Sie ist dem siebten Kapitel entnommen, in welchem Werfel die Begegnung Bernadettes mit der wundersamen Dame beschreibt. Das Mädchen ist etwas verlegen, von der Situation etwas überfordert ...

"... Sie greift in ihren Beutel, sie zieht den Rosenkranz hervor. Etwas Besseres könnte sie nicht tun ...
Alle weiblichen Wesen von Lourdes tragen den Rosenkranz ständig bei sich. Er ist das treue Werkzeug ihrer Frömmigkeit. Die Hände armer, hart arbeitender Frauen vermögen es nicht, stille zu stehen. Ein Gebet mit leeren Händen, das wäre nicht das Rechte für sie.

Das Rosenkranzgebet aber ist eine Art von himmlischer Handarbeit, ein unsichtbares Nadelwerk, eine Strickerei oder Stickerei, aus den fünzig Ave Marias der Perlenschnur emsig gewirkt. Wer in Tag und Jahr gehörig viele Rosenkränze betet, der bringt schon ein tüchtiges Gewebe zusammen, mit dem dereinst das große Erbarmen einen Teil seiner Schuld zudecken kann.

Die Lippen murmeln zwar nur automatisch die Worte des Engels an die Jungfrau, die Seele aber ergeht sich auf der Weide der Heiligkeit. Wenn die Gedanken dabei auch öfters von den Gesätzchen abirren und über den unvernünftigen Preis der Eier seufzen, und wenn man sogar dann und wann über einem Ave für ein paar Minuten einnickt, so ist das kein Unglück, denn man verliert sich in einer größeren Geborgenheit als sonst.

Mutter Soubirous hält es mit dem Rosenkranz wie alle anderen Frauen zu Lourdes. Bernadette aber, die noch sehr jung ist und alles eher als eine Frömmlerin, sie, die von Soeur Marie Thérèse Vauzons für eine unwissende Heidin gehalten wird und wirklich von den Geheimnissen des Glaubens kaum die notdürftigste Ahnung hat - Bernadette trägt ihren Rosenkranz mit Stolz im Beutel, ist er doch das Zeichen fraulicher Erwachsenheit.

Jetzt hält sie ihre dürftige, aus schwarzen Kügelchen gefädelte Gebetsschnur der Dame aufmunternd entgegen. Diese scheint das schon längst erwartet zu haben. Wiederum lächelt und nickt sie und scheint sich über des Mädchens lobenswerten Einfall zu freuen. Auch in ihrer leicht erhobenen Rechten wird ein Rosenkranz sichtbar, nicht der kümmerliche eines Tagelöhnerkinds, sondern eine lange Kette mit großen schimmernden Perlen, die fast bis zur Erde reicht, wie man sie an keiner Königin noch gesehen hat. Am Ende der Schnur blitzt ein goldenes Kruzifix im wogenden Licht.

Bernadette ist froh, ihre eigene Stimme zu hören, obwohl ihr diese Stimme ganz unbekannt vorkommt: 'Gegrüßt seist du, Maria, voll der Gnaden', beginnt sie die erste Zehnerreihe der Aves. Dabei beobachtet sie die Dame scharf, ob sie mitbetet. Deren Lippen aber bleiben unbewegt. (...) Jedesmal, wenn ein Ave zu Ende ist, läßt sie zwischen Zeigefinger und Daumen die Perle gleiten. Sie wartet aber immer darauf, daß Bernadette zuerst ihr schwarzes Kügelchen weiterschiebt. Nur wenn nach der abgebeteten Reihe die Anrufung kommt 'Ehre sei dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist', geht durch die Gestalt der Dame ein starker Atemzug und ihr Mund bildet stumm diese Worte mit.

Noch nie hat Bernadette ihren Rosenkranz so lange hergesagt. Er ist gewiß ein starkes Mittel, die Dame festzuhalten ..."


1 Kommentar:

Rosenkranz-Atelier hat gesagt…

Lieber Vox coelestis!
Vielen Dank für den Kommentar in meinem blog zu diesem Artikel, den ich extra verlinkt habe.
Es freut mich, dass man erkennen kann, dass ich nicht nur " einen Rosenkranz nach dem anderen knüpfe" sondern du hast mit der Formulierung des "Einwebens eines Heilsgedanken" genau meine Intention getroffen. Meine Rosenkränze möchten zum Gebet anregen und die Liebe zur Gottesmutter und zum Rosenkranzgebet zeigen.