Montag, 24. August 2009

Frieden und Versöhnung sabotieren!

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Stanislausens Recherchen bringen an den Tag, wer in deutschen Sakristeien zuweilen das letzte Wort in Fragen liturgischer Gestaltung hat; im besagten Fall kümmerte sich ein kirchlicher Angestellter aus dem operativen facility management um die Endredaktion einer Briefpassage aus der Feder des hl. Paulus.

Welchen erweiterten Einfluß kann - für mich eine stets interessante Frage - ein Organist auf liturgische Abläufe und Gepflogenheiten nehmen?

Ich sehe mich bei meinem nächsten "römischordentlichen" Dienst schon in die Sakristei schneien, dem Zelebranten das Meßbuch ent- und das zweite Hochgebet herausreißen ("Heute ist Sonntag. Sie sollten das erste nehmen. Oder meinetwegen die beiden anderen, aber nicht schon wieder diese short story").

Oder alternative Lesungstexte vorschlagen ("Nehmen Sie besser Habakuk 2, 20 als Lesung und betten Sie dieses Schriftwort doch gleich in eine konkrete Situation ein. Zum Beispiel im Rahmen Ihrer üblichen Ansprache vor dem Vaterunser ...").

Oder doch etwas mehr "Text" einklagen ("Eine archäologische Kommission, die jüngst das Meßbuch untersuchte, hat dabei einige rudimentäre Gebete zur Gabenbereitung gefunden. Offensichtlich soll man die Hostienschale und den Kelch nicht nur kurz durch die Luft schwenken. Haben Sie auch schon davon gehört ...)?

Eine Einflußmöglichkeit haben Organisten jedenfalls. Sie können, wenngleich nur mit mäßigem Erfolg, das Gebt-einander-ein-Zeichen-and-now-shake-your-hands ein wenig sabotieren, indem sie bereits zwischen "... erlöse uns von dem Bösen" und "Denn dein ist das Reich" den Liedanzeiger anwerfen (nicht nötig bei GL 482) und dann das Vorspiel beim Lied zum Agnus Dei auf einige kurze intonatorische Tonhöhenvorgaben runterstutzen. Das sorgt unter den Gläubigen kurzzeitig für leichten Streß, der aber der Konzentration auf des Wesentliche zuträglich ist, und nach der Messe gegebenenfalls für einen Rüffel vom Zelebranten. Letzteren kann man aber mit dem Verweis, daß wir doch alle friedlich und versöhnt sein wollen, halbwegs gut aus dem Weg gehen ...

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Was passieren kann, wenn der Organist seine eigenen liturgischen Vorstellungen durchsetzen möchte, durfte ich am vergangenen Wochenende in meiner Heimatgemeinde erleben.
Da unser Pastor ausgefallen war, vertrat ihn unser erzbischöflicher Zeremonienmeister, ein junger, dynamischer Priester, den ich sehr schätze.
In unserer Gemeinde hatten sich mit der Zeit einige Nachlässigkeiten in der Liturgie eingeschlichen, insbesondere war das Schuldbekenntnis still und heimlich unter den Tisch gefallen. (Man will doch die empfindlichen Schäflein nicht mit dem Gedanken an Schuld verschrecken ...)
Als dann der Zero das Schuldbekenntnis initiierte, intonierte unser Organist wie gewohnt das Kyrie. Es kam zu einen kurzen aber heftigen Machtkampf zwischen der Persönlichkeit des Priesters und der Stimmgewalt der Orgel, bei der die Orgel nicht den Hauch einer Change hatte.

Stanislaus hat gesagt…

Also in meinem früheren Beruf sagte mir einmal eine Habilitantin in Daogmatik: "Das letzte Wort hat der [sic!] Kantor!"

Organisten können einem im Ordo novus aber auch ganz schön die Liturgie versauen, gerade wenn sie gut improvisieren können. Das Lied zum Einzug gibt es meist erst nach selbigem, wenn der Zelebrant längst am Mikro steht und fröhlich mitsingt. Ellenlange Vorspiele sorgen beispielsweise beim Offertorium dafür, daß die Gemeinde mit dem Singen so sehr beschäftigt ist, daß sie gar nicht mitbekommt, für die Inzens nun aufzustehen.